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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

88. Abschnitt.


Gesundheitspolizei.
Von
Dr. Franz Dochow,
Privatdozent an der Universität Heidelberg.


Die polizeilichen Massregeln zur Durchführung der öffentlichen Gesundheitspflege[1] bezeichnet man als Gesundheitspolizei. Das gesamte Verwaltungsgebiet ist von derartigen Bestimmungen durchdrungen, und mit Recht bemerkt Laband, dass ihre Zusammenstellung nur eine bunte, unübersichtliche Masse ohne inneren juristischen Zusammenhang ergeben würde.[2] Eine scharfe Trennung der Gesundheitspolizei von den anderen Polizeigebieten, insbesondere der Sicherheits- und Sittenpolizei ist nicht durchzuführen. In der nachfolgenden Darstellung werden daher nur die Massregeln berücksichtigt, die nahezu ausschliesslich als gesundheitspolizeiliche zu bezeichnen sind. Dies sind die seuchen- und die nahrungsmittelpolizeilichen Massregeln. Seuchenpolizeiliche Massregeln bezwecken die Bekämpfung ansteckender Krankheiten, sie suchen ihrem Entstehen oder ihrer Weiterverbreitung nach Möglichkeit vorzubeugen. Die Polizei greift da ein, wo der Einzelne nicht mehr imstande ist, sich gegen die Beeinträchtigung seiner Gesundheit selbst genügenden Schutz zu verschaffen. Nahrungsmittelpolizeiliche Massregeln sollen dafür sorgen, dass dem Konsumenten die Nahrungsmittel in einer Beschaffenheit angeboten werden, die seine Gesundheit nach Möglichkeit vor Schäden bewahrt. Sie üben einen Druck auf die Produzenten aus, zwingen sie zur Vermeidung gewisser gesundheitsschädlicher Fabrikationsmethoden und halten sie zur Sauberkeit an. Ferner sorgt die Gesundheitspolizei für einwandfreie Herstellung gewisser Gebrauchsgegenstände.

Da die Massregeln zur Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten der Tiere gleichzeitig der menschlichen Gesundheit zugute kommen, fallen sie mit in das Gebiet der Gesundheitspolizei. Dasselbe gilt von der Leichenbestattung und der Vernichtung der Tierkadaver, durch deren vorschriftsmässige Beseitigung einer Gefährdung der Gesundheit vorgebeugt werden soll.

I. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten der Menschen. Der Verkehr innerhalb der Grenzen und über die Grenzen hinaus begünstigt die Ausbreitung übertragbarer Krankheiten unter den Menschen (Seuchen, Epidemien oder Infektionskrankheiten).[3] Aufgabe des Staates ist es daher, den Verkehr zu regeln, Aufgabe der Gesundheitspolizei (Medizinalseuchenpolizei), die staatlichen Massregeln durchzuführen. Der einzelne Staat ist machtlos, deshalb bedarf es des Zusammenschlusses, des Abschlusses von Staatsverträgen, deren Bestimmungen über gemeinsames oder gleichartiges Vorgehen der Vertragsschliessenden entsprechend dann das geltende Recht der Staaten abzuändern ist.[4]


  1. Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht 4 (1913) § 40 S. 179. – Eine Übersicht über das umfangreiche Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege gibt Flesch im Handwörterbuch der Staatswissenschaften 3 4, 743.
  2. Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches 4 3, 251.
  3. Fränkel, Art. Übertragbare Krankheiten, Handwörterbuch der Staatswissenschaften 3 8, 9: Übertragbare Infektionskrankheiten sind Leiden der Menschen und Tiere mit der Fähigkeit ihren Übertragung von einem erkrankten auf ein oder mehrere bisher von dem gleichen Übel noch nicht ergriffenen Wesen der nämlichen, bezw. anderer Arten.
  4. Diese internationalen Abmachungen beziehen sich auf den Verkehr mit den Nachbarstaaten an den Landesgrenzen und an den Küsten und auf die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten in ihren Ursprungsländern.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/199&oldid=- (Version vom 3.12.2021)