Das vorliegende reisebuch ist keineswegs in allen seinen teilen ein originalwerk zu nennen. Viele kapitel geographischen inhalts sind aus Johann von Montevilla entnommen und im auszug widergegeben, so u. a. die beschreibungen Babylons (kap. 30), des Katharinenklosters (kap. 41), Jerusalems (kap.43), Indiens (kap. 45); andere partien sind aus Marco Polo und aus Clavijo entlehnt und höchst wahrscheinlich sind noch sonstige quellen benutzt worden. Diese art der abfassung scheint bei den reiseschriftstellern des mittelalters allgemeiner brauch gewesen zu sein; so war Montevilla wider teilweise plagiator des Odorico von Friaul[1] und Ludolf von Sudheim macht in der einleitung zu seiner reisebeschreibung ganz unbefangen das eingeständnis, andere werke benutzt zu haben. Ebenso müssen unserm autor beim historischen teil seines buches ältere werke vorgelegen haben, da eine große anzahl der darin berichteten begebenheiten sich mehrere jahre vor Schiltbergers aufenthalt im orient zugetragen hat und es andererseits wenig wahrscheinlich ist, daß er sich an ort und stelle eingehend mit orientalischer geschichte vertraut gemacht habe[2].
- ↑ Peschel, geschichte der erdkunde s. 180.
- ↑ Aufmerksame leser des werkes waren von jeher über das darin, besonders im geschichtlichen teil, niedergelegte reiche material höchlich verwundert, ohne allerdings dem gedanken an eine entlehnung raum zu geben; so sagt z. b. Jac. Frieder. Reimmann in seinem »Versuch einer einleitung in die historiam literariam derer Teutschen« (III, 3. Halle 1710. s. 537, anm.) über unsern autor folgendes: »Dieser Joh. Schiltberger ist ein gebohrner Bayer und aus München bürtig gewesen. Und da er in der unglückseligen schlacht, die der ungarische könig Sigismundus an. 1396 mit dem damahligen türckischen kayser Bajazeth gehalten, gefangen worden, da hat er mitten in diesem unglück eine materie zu seinem glücke gefunden. Denn er hat hiedurch nicht allein eine gelegenheit bekommen, sich in Persien, Arabien und andern dergleichen morgenländischen provincien wacker umzusehen, besonderen auch die historie des Timuri mit einer solchen accuratesse zu beschreiben, daß man dergleichen von einem gemeinen manne, wie er gewesen, kaum hätte hoffen können.«
Valentin Langmantel (Hrsg.): Hans Schiltbergers Reisebuch nach der Nürnberger Handschrift.. Litterarischer Verein in Stuttgart, Tübingen 1885, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hans_Schiltbergers_Reisebuch.djvu/170&oldid=- (Version vom 1.8.2018)