Geschäftsverbindungen, deren Anknüpfung und Aufrechterhaltung, soweit sie aus dem Warenhandel erwuchsen, in erster Linie wohl die grossen Märkte und Messen jener Zeit vermittelten, erscheinen demnach neben der Zentrale Augsburg vornehmlich Nürnberg, Antwerpen und das erst am Ende dieser Zeit begründete Zweiggeschäft in Leipzig, dessen weit nach dem hanseatischen Norden ausgebreitete Beziehungen besonders auffallen. Für den slavischen Osten, für Böhmen und Polen, war Nürnberg lange Jahre die kommerzielle Operationsbasis, bis ihm in den jüngeren Filialen zu Breslau, Danzig und Krakau Helfer erstanden. Von Krakau aus ging ungarisches Kupfer, vielleicht die Weichsel abwärts, nach Danzig, von Breslau nach Stettin und Hamburg. Antwerpen dagegen hatte neben den Beziehungen zu den rheinischen und niederländischen Städten den Verkehr mit England, der sehr umfangreich gewesen zu sein scheint, und den Osterlingen zu vermitteln. Die Handelsverbindungen dieser oberdeutschen Gesellschaft mit den niedersächsischen und hanseatischen Städten bewegten sich demnach gegen Ende dieser Periode auf vier verschiedenen Wegen, über Antwerpen, Leipzig, Breslau und Krakau. Mit der Begründung der Faktorei Danzig setzte sie sich inmitten des Handelsgebietes der Hansa fest und begann dann auch sofort ihre Fäden nach dem skandinavischen Norden, nach Kopenhagen, hinüberzuspinnen. Eine strenge gegenseitige Abgrenzung der Faktoreibezirke fand also wohl nicht statt, und besonders scheint das Hauptgeschäft in Augsburg nicht selten direkte Beziehungen zu fernliegenden Orten, über den Kopf der Faktoreien hinweg, unterhalten zu haben.
Die Intensität des Geschäftsbetriebes, die Zu- und Abnahme der relativen Bedeutung, welche die einzelnen Geschäftsstellen besassen, lässt sich wenigstens annähernd aus der Veränderung der Zahlen für ihre, gelegentlich der einzelnen Generalrechnungen konstatierten Gesamtaktiva erkennen, die in der Tab. I gegeben sind. Danach hatte sich die Geschäftsthätigkeit der Zentrale im ganzen während dieser Periode trotz der mannigfaltigen Neugründungen
Johannes Hartung: Aus dem Geheimbuche eines deutschen Handelshauses im 16. Jahrhundert. Emil Felber, Wien 1898, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hartung_Geheimbuch_eines_deutschen_Handelshauses.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)