gewaltigen Höhe emporgestiegen, sondern halten sich bis zum Ende dem Warenkonto im allgemeinen zur Seite, ihr Verhältnis nähert sich also dem Nürnberger Modus. Aus dem Verzeichnis der Kreditoren ergiebt sich, dass der anfangs zu beobachtende gewaltige Umfang der Aussenstände vornehmlich mit der Gewährung von Vorschüssen und Darlehen zusammenhängt, die damals, nicht nur von dieser Firma, den in den Niederlanden und ihrer merkantilen Nachbarschaft massgebenden politischen Faktoren zu wiederholten Malen geleistet wurden. So schuldete der Antwerpener Filiale 1543 der König von Portugal 2550 Livr., also über 12 000 fl., und 1545 war diese Schuld auf 3150 Livr., d. h. um fast 24 %, vermutlich rückständige Zinsen, gestiegen. Gleichzeitig aber schuldete auch die Stadt London 2022 und Antwerpen selbst 8640 Livr., welche letztere Summe 1547 auf 10 282 Livr. sich erhöht hatte. Dazu erscheinen 1549 noch der König Eduard von England und die Stadt London im Schuldbuche der Faktorei mit zusammen 11 200 Livr., und endlich wurden in den Krediten, welche damals den Steuerempfängern in den Niederlanden beinahe dauernd eröffnet waren, gewaltige Summen festgelegt; im Jahre 1545 kamen allein auf das Konto der Rentmeisterschulden 14 231 Livr.[1]. Derartige Bankgeschäfte versprachen nicht nur reichen Gewinn, sondern vermochten unter Umständen auch dem eigentlichen Warenhandel nützliche Vorspanndienste zu leisten; aber sie waren zweifellos mit einem grossen Risiko verbunden und konnten leicht dazu führen, durch übermässige Inanspruchnahme der vorhandenen Mittel die Aktionsfähigkeit des Hauses in anderen Richtungen zu lähmen. Wenn daher seit 1553 in diesem Verhältnisse eine tiefgreifende Aenderung zu beobachten ist und die Aussenstände seitdem dauernd auf einen bescheideneren Umfang zurückgeführt erscheinen, so liegen hier offenbar die Spuren eines energischen Sanierungsprozesses vor, vermittelst dessen diese Firma noch
- ↑ Ueber diese Rentmeisterschulden handelt ausführlicher Ehrenberg, Fugger, I, S. 161
Johannes Hartung: Aus dem Geheimbuche eines deutschen Handelshauses im 16. Jahrhundert. Emil Felber, Wien 1898, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hartung_Geheimbuch_eines_deutschen_Handelshauses.djvu/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)