Seite:Harz-Berg-Kalender 1935 043.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.


Verdienst in dieser Beziehung wird dem derzeitigen Markscheider Borchers zu Clausthal zugeschrieben, dem die gesamten markscheiderischen Arbeiten für den Ernst-August-Stollen ausschließlich übertragen waren. Daneben sind aber nicht minder die bergmännischen Arbeiten und Leistungen hervorzuheben, durch die ein so mustergültiges Werk geschaffen wurde, das von der Geschicklichkeit, Zuverlässigkeit und dem Eifer des Harzer Bermanns ein ehrendes Zeugnis ablegt.

Die Einweihung des Ernst-August-Stollens.

     Groß war die Freude, als am 22. Juni 1864 der letzte Durchschlag zwischen dem Ernst-Auguster- und dem Haus Sachsener-Schachte erfolgte, und der ganze Oberharz feierte mit Recht diesen denkwürdigen Tag als ein bedeutungsvolles Ereignis, an das sich der Anfang einer neuen, hoffnungsfreudigen Zukunft knüpfte. Die Einweihung des Ernst-August-Stollens geschah erst am 4.–7. August 1864 durch eine große Festlichkeit in Clausthal, an der sich neben den inländischen auch zahlreiche ausländische Vertreter beteiligten, unter ihnen Staatsminister Freiherr von Hammerstein aus Hannover, Ministerialrat Lill von Lilienbach aus Wien, Wirklicher Geheimer Oberbergrat Krug von Ridaa aus Berlin, Finanzdirektor von Thielau aus Braunschweig.

     Die fremden Gäste, die am 4. August in der festlich geschmückten Stadt eintrafen, wurden im Hotel „Zur goldenen Krone“ empfangen und gastfreundlich in ihre Quartiere geleitet. Abends fand man sich wieder in der „Krone“ zusammen, um das Programm der nächsten Tage zu beraten.

     Am folgenden Tage fand die Generalbefahrung des neuen Stollens statt, an der sich etwa 60 Personen beteiligten. Morgens 6 Uhr versammelte man sich im Ludwiger Zechenhause und zog von hier mit Musik nach dem festlich geschmückten Gaipel des Elisabether Schachtes, vor welchem zwei Pyramiden mit ausgewählten Erzstufen den Reichtum der Grube präsentierten. Nach einem Choral des Bergmusikkorps sprach Bergrat Koch (Vater des berühmten Bakteriologen Robert Koch) über die Aufgabe des Tollens und seine Durchführung und deutete auf einer Karte den von der Gesellschaft einzuschlagenden Befahrungsweg an.

     Das Einfahren in den Schacht, wobei die Musik das Harzer Bergmannslied spielt, wurde so geordnet, daß sich die Harzer Bergbeamten zwischen die Gäste verteilten, denen sie auf diese Weise als Führer und erklärer dienen konnten. Dann ging es etwa 400 Meter auf steilen Fahrten hinunter bis auf den Ernst-August-Stollen[WS 1], wo zur Erholung ein Imbiß (Salzkuchen) dargereicht wurde. Es folgte eine Bootsfahrt auf der Tiefen Wasserstrecke. Die Gesellschaft wurde in geschmückten Kähnen aufgenommen, und unter den Klängen bergmännischer Weisen glitt die kleine unterirdische Flotille dem Wasserstrom entlang bis zur Charlotter Ladestelle. Dann wanderte man zu Fuß bis zur Grube „Ernst August“ bei Wildemann, und nach einstündiger Frühstückspause, in der auch das „Alte Clausthaler Berghornistenkorps“ konzertierte, weiter bis zur Ausfahrt bei Gittelde, wo gegen 3 Uhr nachmittags die feierliche Einweihung des Stollens stattfand.

     Nach dem gemeinschaftlichen Gesang des Liedes „Nun danket alle Gott“, unter Begleitung des Bergmusikkorps, hielt Berghauptmann von Linsingen die Einweihungsrede, worauf die Musik die Volkshymne spielte. Böllerschüsse begleiteten die Feierlichkeit. Der Festplatz war von Bergleuten umstellt, in der Mitte die Clausthaler und die Zellerfelder Bergfahne. Nach dem Umkleiden der Festteilnehmer ging die Fahrt zu Wagen nach Grund, wo die Grundner und Wildemanner Knappschaft Spalier bildete. Hier fand ein Festessen statt, worauf abends die gemeinschaftliche Heimfahrt nach Clausthal stattfand. Unterwegs bildeten bei der Silberhütte die Hüttenleute mit Fackeln Spalier.

     Am 6. August, einem Sonntage, folgte die kirchliche Feier. Nach dem Vortrage eines Chorals von den Türmen der Clausthaler und der Zellerfelder Kirche begab man sich um 10 Uhr zum Festgottesdienst in die Clausthaler Marktkirche, wo Generalsuperintendent Dr. Fraatz eine eindrucksvolle Festpredigt hielt. Die Fremden besichtigten dann die Sammlungen in der Bergakademie, worauf man sich um 2 Uhr zum gemeinschaftlichen Festmahl im Saale der „Goldenen Krone“ zusammenfand. Abends 9 Uhr erfolgte eine imposante bergmännische Aufwartung, welche dem Minister, dem Berghauptmann und den fremden Gästen dargebracht wurde. Man schätzte die Zahl der lichttragenden Bergleute und der Fackelschwingenden Hüttenleute auf mehr als 5000 Mann.

     Den Schluß der Einweihungsfeierlichkeiten bildete am 7. August ein großes Bergfest, das wesentlich dem Vergnügen der Bergmannschaft gewidmet war. Zu diesem Zwecke hatte man auf dem Schützenplatze zu Clausthal eine schöne Festhalle errichtet, die mit ihren Tanzplätzen Musiktribünen, Sitzplätzen und Trinkstuben geräumig genug war, alle Festteilnehmer aufzunehmen. Nachmittags, 4 Uhr, begann auf dem Platze vor dem Zelte und in demselben ein bewegtes Leben und Treiben; Bergleute aus allen Revieren, mit ihren Frauen und Kindern, das lustige Völkchen der Pochknaben, Bergbeamte, die fremden Gäste aus Nah und Fern befanden sich hier in buntem und gemütlichen Durcheinander; überall herrschte Freude und Vergnügen. Mit Eintritt der Nacht wurde den Festgenossen noch ein besonderes Schauspiel geboten, indem man den ganzen Festplatz in geschmackvoller Weise illuminierte. Das fröhliche Volksfest dauerte bis in den frühen Morgen des anderen Tages, wo die heimkehrenden Bergleute vor dem Hause des Berghauptmanns von Linsingen, dem allverehrten Chef des Harzes ein mehrtausendstimmiges Glück auf entgegenbrachten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Fehleden Bindestrich eingefügt