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wurde, aber doch nicht stürzte. Weil er nicht auf halbem Wege stehen bleiben wollte, schlug er mit dem Pistolengriff das verwundete und vom Schrecken festgebannte Mädchen so ins Gesicht, daß es zu Boden fiel, sich aber doch bemühte, wieder aufzustehen. Jetzt ergriff der Unmensch ein in der Nähe befindliches Beil und bearbeitete damit den Kopf seines Opfers dergestalt, daß es liegen blieb, noch kurze Zeit röchelte und dann verschied[1]. Nunmehr begab sich Ranitzsch auf den Boden, öffnete mit dem Mordbeile eine hier befindliche Kammerthür sowie eine Lade, und entnahm der letzteren die darin sich vorfindenden 68 Thlr. Ein Bettuch, daß ihm hier ebenfalls in die Hände fiel, benutzte der Bösewicht dazu, den Leichnam der Gemordeten hinein zu wickeln und auf den Boden zu schleppen. Nachdem er ihn hinter der Feuermauer verborgen hatte, entzündete er faules Holz, steckte dasselbe dann in Heu und verließ - fast unbegreiflich - ungesehen das Haus, um in einem Nachbardorfe sich nach seiner Blutarbeit durch Bier zu stärken. Bald schlugen aus dem Dache von Liepschs Hause die hellen Flammen auf, die so schnell um sich griffen, daß sie, dem einen Bericht von Zeitgenossen zufolge, noch 5 Nachbarhäuser und ein Gut entzündeten und in Asche legten[2].

Die entsetzliche That, welche nicht nur einem Menschen das Leben kostete, sondern auch noch eine größere Anzahl von Personen ins Unglück stürzte, zeigt wieder einmal, wohin eine schlechte Erziehung führen kann. Der Raubmörder und Brandstifter war 1690 den 7. September in Plauen außerehelich geboren, stand also zur Zeit der Unthat im 22. Lebensjahre. Sein Vater, Donat Ranitzsch, wollte s. Z. den Knaben nicht als sein Kind anerkennen, doch wurde er, weil der Vaterschaft überführt, dazu gezwungen, mußte auch - entsprechend den Verhältnissen der damaligen Zeit - Kirchenstrafe zahlen, die Mutter dagegen öffentliche Kirchenbuße thun[3]. Daß von einem solchen Aelternpaare kein wohlthätiger, kein sittlich veredelnder Einfluß auf den heranwachsenden Knaben übergehen konnte, ist leicht begreiflich. Er wuchs zu einem abgestumpften, gefühllosen Menschen auf, der eben schließlich vor keiner Unthat zurückscheute. Nach dem in Plauen vollbrachten Frevel trieb sich der Bösewicht in der Nachbarschaft herum; weil er aber zu der Ueberzeugung gekommen sein mochte, daß das geraubte Geld ihn verrathen könne, vergrub er dasselbe am 3. Juli theils im Plauischen Grunde, theils bei Cotta.

Als man nach dem Brande den Leichnam der Adam fand, war man anfangs der Ansicht, dieselbe müsse durch irgend welchen unglücklichen Umstand im Feuer umgekommen sein; bei genauerer Betrachtung mag man wohl die Spuren eines gewaltsamen Todes gefunden und die Meinung geändert haben. Es hat sich leider nicht ermitteln lassen,

  1. Pf. A. Todtenregister I, S. 51.
  2. Dresdner Merkwürdigkeiten 1712, S. 47, 48.
  3. Pf. A. Taufregister I, S. 84.