Und doch hätte er gerade dieser so viel zu geben vermocht. Seine meisterhaft aufgefaßten Porträts erinnern an Frans Hals oder an Velazquez in ihrer Gesundheit und Kraft, wenigstens sind sie fast so lebendig. Und nun die Technik![1] Wozu ein Whistler erst in den sechziger Jahren gelangte: Symphonien in Farben zu gestalten – das hat Rayski schon ein Vierteljahrhundert früher mit unerhörtem Geschmacke geleistet. Was erst gegen das Ende des 19. Säkulums als neueste Errungenschaft von Frankreich her verkündet wurde: der Impressionismus – das hat der deutsche Meister bereits im siebenten Jahrzehnt geübt. So ist er für Deutschland ein Bahnbrecher in der Malerei geworden.
Die Gegenwart läßt ihm daher auch volle Gerechtigkeit widerfahren. Ausgezeichnete Kunstkenner, wie Hugo von Tschudi, Ferdinand Laban, Franz Dülberg u. a., haben rückhaltlos die Bedeutung des Mannes anerkannt, der seiner Zeit weit vorauseilte.
Möchten auch diese Zeilen an ihrem Teile dazu beitragen, daß sich die Kunstforschung mehr und mehr mit der Eigenart des genialen Sachsen beschäftige!
- ↑ Es sei gestattet, an dieser Stelle eine Mitteilung wiederzugeben, die mir Herr Geheimer Hofrat Professor Paul Kießling in Dresden über eine Eigentümlichkeit Rayskis machte. Dieser Herr schreibt: „Einer Bemerkung von ihm erinnere ich mich, als wir über die Art des Malens und die verschiedenen Leinwandgründe sprachen. Er erzählte, daß er mit Vorliebe gewöhnliches schwarzes Wachstuch benützt habe. Sicherlich ein ganz eigenartiges Verfahren der gerade Gegensatz von der üblichen weißen Grundierung. Aber die schöne Glätte und die Möglichkeit, aus dem Dunkeln ins Helle zu malen, reizte ihn wie er sagte.“ Damit hängt die Gewohnheit Rayskis zusammen, die Porträts auf dunklen (meist rotbraunen oder grauen) Grund zu setzen.
Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/101&oldid=- (Version vom 21.2.2024)