Die Einverleibung des Dorfs in den Dresdner Stadtbezirk, die Einfügung seiner Flur in das städtische Gebiet war fast eine Überraschung. Im Dorf selbst musste der größere Gewinn über manches Kleine, woran man sich stieß, hinweghelfen. Die Gänse, die sich sonst auf den Grasstellen des Dorfplatzes tummelten, mußten weichen, die Ehrenpforten, die man bei Hochzeiten zu bauen pflegte, gerieten in den Verdacht, Anlagen zu sein, welche der Baupolizeiordnnng unterlägen. Eine heikle Aufgabe der städtischen Verwaltung war es, hier auf dem Boden uralter Dorfsitte Stadt und Land zu verbinden und zu versöhnen.
Kaditz ist gewesen. Die Weiterentwicklung mag die Eigentümlichkeiten dieses Gemeinwesens so schonend, wie sie kann, berücksichtigen – wie der Name des Dorfes gefallen ist, so wird auch sein Wesen langsam verschwinden. Die Erinnerung mag die Züge des alten Dorfs sorgfältig sammeln und bewahren – aus dem Leben werden sie, langsam vielleicht, aber sicher verschwinden. Beinahe wäre das alte Dorf selbst nach der Einverleibung der Vernichtung anheimgefallen. Wiederholte Brände, von frevelhaften Händen angestiftet, äscherten im Winter 1905/06 eine Reihe Gebäude im alten Dorf ein. Glücklicherweise gelang es stets, den Brand zu beschränken und das Dorf im großen und ganzen zu erhalten. So möge es noch lange mit seinen Linden, Toren und Giebelreihen bewahrt bleiben.
Otto Trautmann: Kaditz bei Dresden. i. A. des Verein für Geschichte und Topographie Dresdens und seiner Umgebung, Dresden 1909, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft21VereinGeschichteDresden1909.djvu/134&oldid=- (Version vom 31.3.2023)