haben. Das ist aber unrichtig, wie Metternich im ersten Teile seiner nachgelassenen Papiere, die sein Sohn Fürst Richard Metternich Winneburg 1880 herausgab, selbst erzählt, erhielt er von N. überhaupt erst am 27. Juni die Einladung zum Empfang, der dann am nächsten Tage, also den 28. Juni, stattfand.
Im Verlaufe des Zwiegespräches hatte Metternich über die jetzt zu weiteren Kämpfen bereite französische Armee eine geringschätzige Bemerkung gemacht, die mit den Worten schloß: „Ich habe Ihre Soldaten gesehen, sie sind Kinder . . .“ Darüber war N. so in Zorn geraten, daß er seinen bisher in der Hand gehaltenen Hut in die Ecke des Zimmers schleuderte, wo ihn der Graf ruhig liegen ließ, so daß ihn der Kaiser später selbst aufheben mußte. Letzterer zeigte sich am Ende der achtstündigen Unterredung wenigstens äußerlich ruhiger, auch ließ er aus eigenem Antriebe am 30. Juni Metternich noch einmal kommen und besprach sich vier Stunden lang mit ihm über die kriegerische Lage, ohne daß in den beiderseitigen verschiedenen Anschauungen die geringste Annäherung erzielt worden wäre. – Die beiden Unterredungen haben in dem schon erwähnten, von den Ärzten des Stadtkrankenhauses in Friedrichstadt als Beratungssaal benutzten Raume stattgefunden. Letzterer ist im wesentlichen noch heute in demselben Zustande erhalten, in dem er sich im Sommer 1813 befand, doch fehlen natürlich bis auf zwei Pfeilertischchen die damals vorhandenen Möbel. Die Wände tragen noch immer die alte chinesische Papiertapete, und das Zimmer zeigt noch heute den früheren getäfelten Fußboden, sowie den vor einem Jahrhundert benutzten Marmorkamin.
Dauernd unermüdlich arbeitend überlegte N., wie er in der immer ernster werdenden Zeit sich seiner alten und neuen Gegner am geeignetsten erwehren und sie vernichten könnte, er hatte daher für Festlichkeiten kaum noch Sinn; nur den Genuß des Theaters gönnte er sich. Zu diesem Zwecke war auf seinen Befehl in dem im Ostflügel des Palais nach der Gartenseite zu gelegenen Orangeriegebäude ein kleines etwa reichlich hundert Personen fassendes Theater aufgebaut worden. Darin führten eine Anzahl nach Dresden berufener erster Kräfte der Pariser Bühne von Mitte Juni bis in den August vor dem Kaiser und seinem Gefolge, der königlichen Familie sowie geladenen Gästen aus den Kreisen des hohen Adels gewöhnlich mehrmals in der Woche meist Lustspiele auf. Im alten Opernhaus ist N. während seiner diesmaligen Anwesenheit in Dresden ebenfalls wiederholt gewesen.
Nachdem der Kaiser am Abend des 24. Juli der gesamten königlichen Familie im Schloß einen einstündigen Besuch abgestattet hatte, verließ er mit drei Begleitern am nächsten Morgen ½5 Uhr ganz in der Stille unsere Stadt und begab sich nach Mainz. Hier fand eine verabredete Zusammenkunft mit seiner hohen Gemahlin statt. Am 4. August kehrte er ohne feierliche Begrüßung durch den Hof nach Dresden ins Marcolini'sche Palais zurück. Bereits wußte er, daß der Kampf gegen die Verbündeten, deren Macht durch Österreichs Beitritt wesentlich verstärkt worden war, nach Ablauf des am 5. Juni abgeschlossenen Waffenstillstandes
Adolf Hantzsch: Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen. i. A. des Verein für Geschichte und Topographie Dresdens und seiner Umgebung, Dresden 1918, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft25VereinGeschichteDresden1918.djvu/176&oldid=- (Version vom 23.3.2023)