Seite:Helmholtz Das Telestereoskop.pdf/2

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verschwindet auch der Unterschied der Bilder, und für solche geht uns also dieses Hülfsmittel, die Entfernungen der Gegenstände zu schätzen und ihre körperliche Gestalt zu erkennen, verloren.

Man kann sich davon namentlich an fernen Gegenständen von unregelmäßiger Form, z. B. den die Aussicht begränzenden Bergzügen, überzeugen. Die letzteren erscheinen stets wie eine uns kreisförmig umgebende, am Horizont gerade aufsteigende Wand; wir erkennen nichts von den Wölbungen, Einschnitten, verschiedenen hinter einander liegenden Ketten der Berge, wenn uns nicht Schlagschatten, Luftperspective oder eine genaue schon früher erworbene Kenntniß ihrer Form zu Hülfe kommen. Bei Gegenständen von unregelmäßiger Form, Gebäuden u. s. w. genügt dem Vorstellungsvermögen schon eher eine einzige perspectivische Ansicht, um sich die nach der Tiefe des Bildes gerichteten Dimensionen ziemlich gut zu ergänzen.

Bei den stereoskopischen Landschaftsbildern, welche jetzt viel durch Photographie erzeugt werden, ist nun diesem Mangel dadurch abgeholfen, daß der Photograph für die zweifache Aufnahme der Landschaft, sich zwei beliebig weit von einander entfernte Standorte wählen, und daher jedenfalls zwei hinreichend von einander verschiedene perspectivische Projectionen der Gegend verschaffen kann. Der Beschauer glaubt dann im Stereoskope ein verkleinertes Modell der Landschaft zu sehen, dessen Dimensionen sich zu denen der Landschaft verhalten, wie die Augendistanz des Beobachters zur Distanz der beiden Standorte der photographirenden Camera obscura.

Daher erklärt sich, daß diese stereoskopischen Bilder eine viel deutlichere Vorstellung von der Form der Landschaft geben, als die Betrachtung der wirklichen Landschaft wenigstens einem durchreisenden Fremden gewährt, der die einzelnen Objecte der Landschaft nicht schon so genau kennt, wie die Einwohner. Städte, welche von einem hohen Punkte aus dem Beschauer als ein wüster Haufen von Dächern erscheinen, lösen sich im stereoskopischen

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Hermann von Helmholtz: Das Telestereoskop. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1857, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Helmholtz_Das_Telestereoskop.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)