Seite:Helmholtz Das Telestereoskop.pdf/8

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

erhält man allerdings für die näheren Gegenstände eine gewisse Anschauung des Reliefs, weshalb die doppelten Operngläser schon einen viel lebendigeren Eindruck geben als ein einzelnes. Aber bei der gebräuchlichen Construction dieser Instrumente ist das Relief falsch, die Gegenstände erscheinen nach der Tiefendimension des Gesichtsfeldes zu kurz, als wären sie plattgedrückt. Bei menschlichen Gesichtern, zu deren Betrachtung die doppelten Operngläser doch hauptsächlich bestimmt sind, ist dieß sehr auffallend. Wenn man sie von vorn betrachtet, sehen sie viel platter aus, als sie sind, und wenn man sie im Profil erblickt, sehen sie zu schmal und spitz aus. In beiden Fällen wird der Ausdruck des Gesichts wesentlich verändert.

Wenn man ein doppeltes Opernglas umdreht, und durch die Objectivgläser hineinsieht, erscheinen dagegen die Tiefendimension der Gegenstände unverhältnißmäßig vergrößert. Während also durch ein einfaches Fernrohr alle Gegenstände wie Gemälde erscheinen, sieht man durch ein doppeltes Opernglas volle Gegenstände wie Basreliefs, und durch dasselbe Opernglas in umgekehrter Haltung wirkliche Basreließ wie Hautreliefs.

Auch theoretisch findet man leicht aus den bekannten Gesetzen der Fernröhre und des stereoskopischen Sehens, daß ein Doppelfernrohr, dessen optische Axen parallel und genau um den Abstand der beiden Augen des Beobachters von einander entfernt sind, welches n Mal vergrößert, die Gegenstände so erscheinen läßt, als wären alle senkrecht zur Axe des Fernrohrs gerichteten Dimensionen unverändert geblieben, die Entfernungen der Gegenstände von Beobachter, parallel der optischen Axe, dagegen auf 1/n reducirt, so daß der Beobachter die Gegenstande in natürlicher Größe, aber genähert, und nach der Tiefendimension des Gesichtsfeldes comprimirt zu sehen glaubt.

Während jedes einzelne Fernrohr dem Beobachter den Gegenstand so zeigt, wie er in 1/n der Entfernung erscheint,

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Helmholtz: Das Telestereoskop. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1857, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Helmholtz_Das_Telestereoskop.pdf/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)