Seite:Hermann Bezzel - Rede bei der Beerdigung des Herrn Dr. Hermann Bechmann.pdf/6

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der Mann sei, der immer etwas zu geben habe; er sei dann doch immer der Nehmende und Empfangende. Dieser Ehe waren vier Kinder geschenkt, von denen das jüngste ein halbes Jahr alt ist. –

 Schon in Nürnberg zeigte sich eine besondere Gabe zur Seelsorge, eine Kraft mit den Müden zur rechten Zeit zu reden; der gelehrte Theologe verdarb nicht den einfachen Seelsorger. 1901 bekam er seine erste Pfarrei, Röthenbach. Die Muße, die ihm diese Pfarrei gönnte, der Ernst, mit dem er seinen Studien oblag, veranlaßten ihn zu promovieren. Über die Philosophie seines Lehrers Claß hat er geschrieben und den Niederschlag von dessen Forschen in einer „Verbindung von Wissen und Forschung“ gefunden. In dem Bedürfnis nach einem größeren Wirkungskreis erbat er sich 1905 die dritte Pfarrstelle zu Dinkelsbühl. Dort war es ihm vergönnt, drei Jahre in großem Segen zu wirken. Seine Predigt war schlicht, einfach und erbaulich, sein Unterricht in der Realschule erfolgreich, weil er sich zu den Schülern herabließ.

 Einer, der mit ihm im Seminar war, hat mir erzählt, daß er besonders für die Jüngeren warmes Verständnis hatte und ihr Vertrauen für sich und für den Herrn gewann.

 Ein Vortrag, den er im Februar dieses Jahres in Ansbach hielt, hatte die Augen seiner Oberen auf ihn gelenkt. Diese glückliche Verbindung von Wissenschaftlichkeit und Bekenntnisernst ließ ihn als Kommissär in das erste theologische Examen einberufen werden. Er war darüber wie billig hocherfreut und schrieb: „Ich glaube, daß man mich gewählt hat, weil ich zu allem, was ernst, lauter und ehrlich ist, ein unbedingtes Vertrauen habe. Ich will den Suchenden ein Wegweiser zu dem werden, den ich gefunden habe und der mich gefunden hat.“ Aber, o ein wundersamer Gott! an dem Tage, da er die Feder von der letzten Vorbereitung weggelegt hatte, traf ihn die Nachricht, daß ein schweres Leiden in ihm schlummre. Es hat mich das an einen Lehrer unserer Väter erinnert, der bei der Auslegung des 23. Psalms im 4. Vers