Tieren geriet ihm in den Halskragen und begann am Rückgrat seine bohrende Tätigkeit. Kiste war dem Wahnsinn nahe. Sein Selbstbewußtsein war zum Teufel! Er verfluchte die Axt im Hause…! Warum ließ er den Chauffeur daheim? Der ahnte das Unheil. Im Fenster erschien das grinsende Gesicht des Negers! Kiste faßte die Wut, er schlug ihm mit dem Hammer den Schädel ein und warf ihn in den Chausseegraben. Das Auto wurde wieder gelb. Das funktionierte ja noch, Gott sei Dank! Gedankenlos stierte er auf die Pneus, die überall eiterige Stellen, wie Geschwüre, aufwiesen. Völlig mit Öl getränkt befahl er sich Gott, kletterte mit der ehernen Resignation eines, dem alles egal ist, auf sein Unglücks-Auto und schaltete tollkühn mit einem Ruck die Maximalgeschwindigkeit ein. Das Auto sprang vier Meter hoch, bäumte sich auf wie ein wildes Pferd, wandte sich dann plötzlich und raste, rückwärts fahrend, wie ein Orkan, mit 2000 Kilometern Schnelligkeit los. Über Berg und Tal ging die irre Fahrt, Gegenden verwüstend und entvölkernd, Dörfer und Städte einreißend. Emil Kiste verhungerte schon bald und wurde an einer Kurve hinausgeschleudert in das All. Er hätte sowieso nicht mehr lange gelebt, die Autobazillen hatten auch ihn ergriffen.
Vier Jahre raste das Auto allein durch die Welt, ohne zu halten, in unerschütterlicher Beständigkeit. Dann eines Tages vollendeten die furchtbaren Bazillen ihr zerstörendes Werk – – von einem Tag zum andern verringerte sich die Schnelligkeit des Autos, mühsam schleppte es sich auf den zerfressenen Pneus hin, humpelnd wie ein Schwerkranker, und eines Tages fiel es endlich in sich zusammen.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/183&oldid=- (Version vom 1.8.2018)