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Drei Fabeln ohne Moral

Der Fuchs und die Trauben

„Na, ich konnte mir auch denken, daß die Trauben noch nicht reif waren,“ sagte der Fuchs und stellte den Stuhl, auf welchen er gestiegen war, um die Trauben zu kosten, wieder an seinen Platz.

Er streckte sich behaglich am Fuße des Weinstockes aus und ließ sich die Sonne auf den Pelz brennen.

Von ongefähr kam der Rabe geflogen. Der Rabe war ein Witzbold, ein wenig Satiriker; die Tiere meinten, er sei boshaft. Er selbst hielt sich für einen Lebens-Künstler; er war stets im evening dress.

„Hallo, wie schaut’s, alter Freund,“ – Leute, die man nicht mag, nennt man gern alter Freund – rief er dem Fuchs zu.

„N Tag,“ erwiderte lässig der Fuchs.

„Ah so, Traubenkur, was?“

„Zu sauer,“ gähnte der Fuchs faul.

„Verstehe, verstehe,“ kicherte hämisch der Rabe, flog an den Weinstock und pickte eine dicke Beere ab.

„Pfui Teufel!“ Wütend spuckte er aus und flog beschämt davon.

Der Fuchs feixte befriedigt.


Der Hahn und der Wurm

An einem Freitag Morgen sagte der Regenwurm nach dem Morgenkaffee zu seiner Frau: „Höre mal, Traudchen, es wird mir hier unten zu muffig, ich krieche ein wenig nach oben, um Luft zu schnappen.“

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/205&oldid=- (Version vom 1.8.2018)