einigermaßen geschützt. Ich klapperte vor Frost. Mir wurde übel.
Plötzlich fühlte ich mich von einer kralligen Hand am Arm gepackt, eine keifende Weiberstimme riß mich aus meinem Sinnen.
„Hann ech Se endlich, Sie jemeine Minsch! Sie also hann onser Traudsche verföhrt? Natürlich, nachdem et eso weit es, dröckt mer sech. Ech well et Ehne scho zeige!“
Ein übles, schmutziges Weib stand vor mir. Ich starrte sie verständnislos an und sagte zitternd: „Ich verstehe Sie nicht, gute Frau.“
„Verstehen Sie nicht? E arm Mädsche in et Onjlöck stürze, dat verstonn Se! Mettjekumme, ech well et Ehne schon klar mache!“
Sie riß mich die Kirchentreppe hinab und zog mich mit sich. Mir war nun alles gleichgültig geworden. Ich verteidigte mich nicht mehr, gab jedes Sträuben auf und stolperte hinkend, willenlos, wie im Traum neben der Alten her, das Kind noch immer auf dem Arm. Unermüdlich keifte das Weib weiter. Ihre Tochter wäre von der Kirche nach Hause gekommen ohne das Kind, sie hätte es auf eine Bank gelegt, und nachher wäre es weggewesen – so habe sie erzählt. – Ich hätte dem armen Mädchen den Plan eingegeben, so das Kind los zu werden. – Sie wäre eine alte, ehrliche Frau und wollte keine Scherereien mit der Polizei haben. Ein Glück, daß sie mich noch erwischt hätte.
Ich verstand nichts von alledem. Ich hatte nur den Wunsch, bald irgendwo zu sein.
Wir durcheilten Straßen, durch die ich nie gekommen. Endlich machten wir vor einem schmutzigen,
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/028&oldid=- (Version vom 18.8.2016)