Slaven eigenen Tonfall: „Est-ce que ça ne vous dérange pas?“
Ich lachte hysterisch und hob den Ballen mit starrer Geste wieder in das Netz. Ich kochte, aber ich sagte mir als Philosoph, erstens bist du auf einer Vergnügungsreise, zweitens: andere Länder, andere Sitten und drittens gibt es eine ausgleichende Gerechtigkeit. Ich dachte dabei an die Zollbeamten in Ventimiglia, die mir als Rächer erstehen würden. Ich frohlockte, wenn ich daran dachte, wie die dem Geköffer, dem Steinpott und dem Qualballen zu Leibe gehen würden.
Ich konnte mich nicht enthalten, diesen meinen Gedanken Ausdruck zu geben, und warf den dreien in meinem glänzendsten Französisch hin: „In Ventimiglia ist eine sehr strenge Zollrevision!“
Diejenige, die mich vorher angeredet hatte, und die einzige war, welche französisch sprach, übersetzte ihren Gefährtinnen meinen Einwurf. Ich hatte den Triumph, zu sehen, wie meine Bemerkung wirkte. Man wurde sichtbar unruhig. Man hatte scheinbar gar nicht daran gedacht, daß auf dieser Fahrt irgendwo eine Grenze zu passieren war. Man war mit der fatalistischen Unbekümmertheit, die reisenden Damen eigen, darauf losgefahren.
Man sprach erregt durcheinander, wies nervös auf die einzelnen Gepäckstücke, machte bedenkliche Gesichter, schüttelte den Kopf und schaute dann von der Seite mit gemilderter Arroganz hilfesuchend zu mir hinüber.
Wonach speziell gesucht würde, fragte beklommen die französisch sprechende Paulowna Fedorowna. Sie hätten in Italien eine Menge Seide gekauft.
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)