dem Stiernacken, der bärtigen Dame, dem Mann mit dem Straußenmagen, mit Lola Hirschtalg, der Pantherdame usw. Ich bin aber ein furchtbar bescheidener Mensch, und es gelüstet mich nicht nach Ruhm.
Es ist möglich, sehr leicht möglich, daß man eines Tages unter ein Auto oder die Elektrische kommt, oder daß einem der Propeller eines Luftschiffes oder ein Geraniumtopf aus der dritten Etage auf den Kopf fällt, oder daß man von einer Hutnadel aufgespießt wird, oder auf irgendeine andere Weise einen plötzlichen Tod findet. Man kann nie wissen. Und es wäre wirklich ein Verlust für die medizinische Wissenschaft, wenn mein Fall unbekannt bliebe. Darum halte ich es als fanatischer Arbeiter an dem großen Werk der menschlichen Erkenntnis und Aufklärung für meine Pflicht, meinen Fall in Nachstehendem niederzulegen. Auf Anfragen von Ärzten wegen einer eingehenden Untersuchung gebe ich keine Antwort. Ich lasse mich nicht untersuchen, ich bin nämlich wahnsinnig kitzlich. –
So kam es also, daß ich meine Lunge verlor:
Ich lebte zur Zeit in Marseille und hatte eines Tages einen starken Husten und schmerzhafte Stiche in der Brust. Mein Urgroßvater war an Altersschwäche gestorben, meine Großmutter am Knochenfraß, ein Mann, der neben uns wohnte, am Delirium, und eine Waschfrau meiner Eltern an einem Magenleiden. Das gab mir zu denken. Da hieß es rechtzeitig vorbeugen.
Ja, damals hatte ich noch Sorge um mein Wohlergehen. Damals lebte ich noch in bangen Ängsten um den nächsten Tag, setzte alles auf Wechsel auf die Zukunft. Der Tod war mir eine schreckliche Katastrophe
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/216&oldid=- (Version vom 1.8.2018)