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Abend überlegen wolltet, wie oft Gott Gelegenheit gehabt hätte, uns in den zeitlichen Tod zu versenken, und erst, wie oft er Gelegenheit gehabt hätte, uns in den ewigen Tod zu senden, ihr würdet des Dankes kein Ende finden. Wenn du am Abend alles das übersehen würdest, jeden Tritt, jeden Schritt, jede Bewegung, jede Biegung deiner Straße, jede Kleinigkeit – du nennst sie Zufälligkeiten, es sind aber lauter Dinge, die dich zum Danke stimmen sollen! Wider alle Fährlichkeit beschirmet! Wir ahnen es ja nicht, wie oft der Tod vor unserer Türe steht und wie oft ihn der Herr von der Türe scheucht. Wir wissen es nicht, wie oft der Tod unsere Unbereitschaft und Ungesammeltheit benützen könnte, um uns aus dem Leben zu reißen, aber der Herr spricht: „Ich will, daß dieser Mensch bleibe.“ (Vgl. Joh. 21, 22.)

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 Wir leben so gedankenarm und gedankenträg in den Tag hinein, während wir es doch jeden Abend bekennen müßten: Bis hieher hat mich Gott gebracht, in seiner großen Güte.“ Und wenn er so mein Leibesleben in seine väterliche treue Obhut nimmt, wieviel mehr wird er an meiner Seele tun! O du Kleingläubiger, er ist doch der Seelsorger ohne Maß und Ende, der treue Hirte, der, wenn wir schlafen, über uns wacht! Es ist doch ein wundersames Geheimnis: sechs, sieben Stunden nichts von sich wissen, hilflos, regungslos, ganz verantwortungslos in die allertreuesten Hände der ewigen Erbarmung ergeben sein! Was gibt es