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daß ich, ein Diener der Kirche, über Dinge mit euch rede und ihr mich anhört, die keiner gesehen hat. Wir reden über Jesum in einer Weise der Vertrautheit, als ob wir Ihn seit Jahren kennen, und niemand hat Ihn gesehen. Wir sprechen über Jesu Werk, Treue, Liebe, Erbarmung, alles ohne daß wir Ihn sehen. Wenn ein Mensch über einen anderen redet, dir viel erzählt von einem Freund, so sagst du: kennst du ihn? und wenn er das verneint, wendest du dich von ihm ab, seine Rede ist Phantasie. Und nun lebt die Kirche Christi 1880 Jahre von dem Bekenntnis zu einem Herrn, Den niemand mehr sah, Den sie bloß auf Grund apostolischer Mitteilungen liebt. Das ist eine Erleuchtung.

 Wir haben eine ganz andere Weltanschauung, Kirche und Welt können sich nie einigen; an dem Tage, an dem sie sich einigen, muß die Kirche sterben. Ich weiß wohl, es gibt eine Zeitschrift, „die christliche Welt“ – die Zeitschrift ist auch darnach. Es gibt keine christliche Welt, so wenig es eine Welt Christi gibt. Welt und Kirche sind die ausschließlichsten Gegensätze; die Welt sieht nach unten und die Kirche sieht nach oben. Die Welt sieht den Schein, die Kirche das Sein. Darum: Er erleuchtet die Kirche, daß sie zum Beispiel mitten im Krieg hofft – die Welt kann das nicht –, daß sie mitten im Krieg den Gang des Friedefürsten gläubig anbetet, von dem Frieden sich nicht goldene Berge, aber die Nähe der Heimat verspricht. Die Kirche hat über den ganzen großen Weltkrieg ganz andere Anschauungen. Sie sagt nicht, das rührt von dem serbischen Mord her und dergleichen mehr, die Kirche sagt: das kommt von dem Herrn, Der geweissagt hat, daß, ehe Er Seine Gemeinde heimholen will, Kriege und Erdbeben (Matth. 24, 6 u. 7) kommen sollen. Das ist die Erleuchtung der Kirche.

 Wie wollt ihr denn eigentlich über all die Fragen, die euch bewegen: über den Tod eurer Geliebten, über das Krankenlager