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daß Er dich und mich so führt, nicht wie wir es wollen, sondern wie wir es brauchen, daß Er jeder einzelnen Seele so entgegentritt, wie es ihr gut ist! Dir gibt Er Sonne, dir Schatten, dir die Wolken, dir den Lärm des Marktes, dir viel Arbeit, dir wenig Arbeit. O welch eine Tiefe der Weisheit, die jeden Menschen so führt und fügt, daß er rufen wird: „O welch eine Tiefe der Erkenntnis!“ Es ist kein Gedanke in meinem Herzen und „kein Wort auf meiner Zunge, das Du, Herr, nicht alles wissest.“ (Ps. 139, 4.) Und das alles hast Du mir vergeben. – Wenn man so denkt: man steht an der Wiege eines Kindes und schaut die sorglosen hellen Augen an, mit denen das Kind in die Welt hinausblickt, und versenkt sich in dieses Wunder eines anhebenden Menschenlebens, und die Mutter und der Vater, halb stolz, halb ängstlich, fragen: „Was meinest du, soll aus dem Kinde werden?“ (Luc. 1, 66.) Und man sieht es und man kann es der Mutter gönnen und dem Vater erlauben, daß sie ihr Kind weit glücklicher, froher, reiner wünschen, als sie selbst waren. Aber es ist bloß Wunsch. O welch eine Tiefe der Erkenntnis, daß Gott über diesem Kinde Gedanken des Friedens hat, die Er hinausführt. Ihr meint es menschlich und Ich göttlich.

 So dankt Ihm dafür, daß in den Kampfplatz eures Lebens, in den engen Raum eures Hauses die großen Gegensätze zwischen Fleisch und Geist eingesenkt sind, und bittet Ihn, daß am letzten Tage und seiner letzten Stunde der Geist, der Heilige Geist, das letzte Wort behält; denn was vom Geist geboren ist, und wenn es ein Todesröcheln wäre, das ist Geist und der Geist erobert die Heimat und der Geist hat Frieden.

Amen[.]