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Schauspiel ansah und wie dort der arme verdammte Engel gesagt habe, als man ihn fragte, ob denn die Hölle gar so schauerlich sei: „O lieber Herr Doktor, wenn ich eine ewige Leiter hinaufsteigen müßte und jede Sprosse wären tausend Messer und ich käme an der obersten Sprosse ganz zermalmt an und es sagte jemand zu mir: jetzt bist du genesen! ich wollte diese Sprossen emporjauchzen.“ Das ist es, daß man leben muß, ohne zu wollen. Ja, wenn das Leben der Verdammten sich selbst aufzehrte, daß man sagen könnte: in 50000 Jahren ist’s vorbei, wunschlos, wesenlos, willenlos zerrinnt dann dein Leben im Sande, es ist vorüber, so würden sie diese 50000 Jahre wie einen Traum hinleiden: es kommt ein Ende, es kommt ein Schluß des Leidens. Aber, hört was Luther sagt, dieser Doktor misericordiae: „Diese Lehrer des Erbarmens täten gut daran, wenn sie mehr in der Zeit vom Ernst der Hölle sprächen, als daß sie bei der Ewigkeit den Ernst der Hölle vermindern.“ Wir aber wollen nicht weiter davon reden, weil auch das Ärgste nicht schrecklich genug und das erfindungsreichste Wort nicht an die Wahrheit hinanreicht. Wir wollen nur das eine bitten: „Gib, daß jeder dahin kommen mag, wo tausend Jahre wie ein Tag; in Gnaden aber mich davor bewahr, wo ein Tag wie tausend Jahr!“

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 „Er wird mir und allen in Christo“ – denn so gehört es zusammen – „ein ewiges Leben geben“, und dann kann ich endlich einmal leben, ohne die Angst zu haben, daß mir’s an Kraft gebricht, und dann kann ich endlich einmal arbeiten, ohne die Furcht zu haben, daß mir der Feind die Arbeit verwirrt. Und dann kann ich endlich einmal von Herzen reden, ohne mich sorgen zu müssen, Mißverständnis zu erwecken oder zu erfahren. Und dann kann ich endlich einmal mich ganz geben, wie ich bin, weil ich geheiligt und vollendet und verklärt bin. Und dann kann ich endlich einmal mit Recht mein eigenes Ich sein, brauche weder Selbstbeherrschung noch Selbstverleugnung