Seite:Hermann von Bezzel - Der 3. Glaubensartikel.pdf/46

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Kirche viel Schaden gebracht, unser persönliches Leben hat die Kirche in große Not versetzt; es ist ein großes Leid, daß es so viele falsche Hirten gibt und so viele rechtgläubige Hirten ohne rechten Glauben.

 Aber, obwohl die Kirche geirrt hat, irrt und irren wird, glaube ich doch eine heilige Kirche. Seht, wenn in unserer Kirche irgendeine Versammlung zusammentritt, irgend eine, so ist dabei doch stets der erste Ton der Ton der Buße. Wie der erste der 95 Sätze mit den Worten anhebt: „Da unser Herr Christus spricht: ,Tut Buße‘, will Er, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll,“ so geht durch unsere Kirche immer wieder der Bußton: „An Dir habe ich gesündigt und Dich habe ich beleidigt und an Dir habe ich gefehlt.“ ....

 Und wo Buße ist, da tritt auch die Heiligung ein. Wenn unsere Kirche eine satte und sichere Kirche wäre, die nicht mehr sich richtet und verklagt, nur auf ihre eigene Ehre bedacht ist und nur von ihrem eigenen Ruhm trunken, dann wäre sie die Kirche und Gemeinde des Satans.

 Aber so lange – wer weiß, wie lange noch – so lange noch der Bußton herrscht für alle Untreue und alle Versäumnis, so lange ein Geistlicher über die Seelen weint und klagt, die durch seine Schuld den rechten Weg verloren haben, und an die denkt, denen er nicht treulich nachgegangen ist, so lange ist die Kirche trotz ihrer Fehler und Gebrechen, ihrer Schatten und Schäden, eine heilige Kirche. Ihr dürft nur nicht heilig mit vollkommen verwechseln. Ich weiß wohl, es gibt eine Richtung in der Kirche – Gott bewahre uns davor – welche eine Vollkommenheit hier auf Erden lehrt und behauptet, daß man es schon auf dieser Welt zu einer solchen Heiligkeit bringen könne, daß man die fünfte Bitte des Vaterunsers nicht mehr zu beten braucht. Das ist nur ein Zeichen von Oberflächlichkeit; denn: „Wer kann merken, wie oft er fehlet?“ (Ps. 19, 13.) Und je mehr wir in uns