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vollendete, das kann auch die meine tragen, seine Klage ist mein Leid, sein Triumph ist mein Sieg, sein Bekenntnis ist meine Freude. Das nennt man apostolische Kirche, daß der ärmste Holzhauer im Walddorfe sich an die Seite der erlauchten Bekenner stellen und sagen kann: Bruder, Vater, der dich selig machte, ist auch mein Heiland! Wir treten alle in einen Bund mit Seines Leibes Gliedern ein. Da braucht es keine apostolischen Stühle, noch apostolische Vollmachten, noch apostolische Ehren; da braucht es nur Jüngersinn, Jüngertreue, Jüngertränen und Jüngerfreude: Es ist der Herr! Darum werden wir alle, wie ihr auch persönlich zur Kirche steht, zugeben müssen: Es kann noch einmal eine ganz andere Kirche geben wie jetzt, es kann einmal eine Kirche aufkommen, in der Christus ein religiöses Genie, eine bedeutende Kraft, ein weiser Ratgeber, ein nicht unbedeutender Merkstein auf dem Wege der Religionsgeschichte genannt wird, aber nicht mehr der Heiland der Welt – das ist dann auch eine Kirche, aber nicht mehr eine apostolische. Daraus könnt ihr es sehen. Die moderne Kirchengründung, bei der der alte Glaube zerrissen wird, nicht weil man ihn zerreißen will, sondern weil man ihn für nicht mehr recht und brauchbar hält, all die Vereinigungen, in denen Jesus vergeistigt, in Wahrheit aber verflacht wird, können auch eine Kirche bauen, aber keine apostolische. Denn sie steht nicht auf dem Grunde, auf dem Paulus, Petrus oder Jakobus gestanden haben.

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 Wenn Paulus in gewisse Diskussionsabende eintreten würde, würde er sich vielleicht billig über die Menge von Geist, der hier zutage tritt, wundern, vor allem über den Geist der Frauen, aber er würde sagen: Das Christentum, das ich gepredigt habe, für das ich die Todeswunden empfing und den Tod am Kreuze und im Kerker nicht gemieden habe, das Christentum ist das nicht! Wenn heute Luther käme und würde auch in sogenannte freie Kreise kommen – und wer ist nicht frei heutzutage –, und