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unter den Wettern und wenn die Zweifel wie geharnischte Männer über dich kommen und deine Todesstunde so furchtbar kalt hereinragt in dein Leben, dann sage es, bis dein Herze warm wird und deine Seele froh: „Ich bin bei Gott in Gnaden durch Christi Blut und Tod.“

 Ja, was ist Vergebung der Sünde? Vergebung der Sünde ist die in der heiligen Taufe mir zugesprochene und angeeignete Gnadenkraft, in die ich alle Tage fliehen soll, fliehen kann, aber eben meist nicht fliehe. Jede Buße, jede Reue, jede Träne der Buße ist nichts anderes als eine Flucht in die Taufgnade, als eine Rückkehr in den Taufsegen.

 Wenn du manchmal zu dir sagst: Noch einmal, wenn ich Kind wäre, ich wollte – freilich mit den Erfahrungen meiner jetzigen Tage bereichert – ich wollte alles anders machen! Du kannst es ja! Du kannst ja ein Kind sein, du kannst ja den Segen deiner Kindertaufe wieder erfahren! Wolle nur, und du hast ihn!

 Wenn unter uns vielleicht etliche täglich sagen, daß die Tage der Kindheit nimmer kehren, und wenn es immer heißt, daß nie mehr diese stille Freude der sorglosen Jugend zurückkommt, dann sage ich und sage es mit getrostem Mute: so ihr nicht werdet wie die Kindlein, so arglos, so vertrauensreich, so unmittelbar und doch so glaubensstark, so könnt ihr nicht ins Reich Gottes kommen (Mc. 10, 15).

 Und worin zeigt sich die Vergebung der Sünden? Darin, daß ich meines Lebens froh werden kann. Alles traurig gestimmte Christentum, mag es noch so fromm und schön aussehen, ist nicht echt. Das melancholische Christentum, das sich im trüben Blick und bitteren Reden und harten Zügen gefällt, ist sehr ehrwürdig anzuschauen und sehr schlecht zu genießen. Ein Christentum ohne Freude macht dem Feinde den größten Gewinn. Jenes kopfneigende, weltscheue Christentum ist nicht von der Freude entzündet, von der es heißt, daß sie im