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und steht euch zu hören auch nicht zu. Der Gott, Der den Leib des ersten Menschen aus den feinsten Stoffen der Erde bildete und dabei ein Bild vor Augen hatte, das Ihm gleich war, der Meister, Der in dieses Leibesleben Seine Bildung und Formung, die großen Gedanken eingesenkt und eingestiftet hat, ließ diese Gedanken in jedes Leibeslebens Entstehung werden und sich auswirken. Es ist ein dunkles Geheimnis, auch dem Arzte nicht ganz enträtselt, ein wundersames Geheimnis, auch der Wissenschaft nicht ganz klar, wie der menschliche Leib unter so wundersamen Einflüssen von Neigung und Abneigung, von äußeren und inneren Eindrücken und Erlebnissen sich bildet, bis er an das Licht der Welt tritt.

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 Wenn also Gott bei der Bildung des Leibes – alle natürlichen Vorgänge mit eingerechnet – Seine eigenen Gedanken verfolgt und ausführt, so wird Er auch weiterhin über dies Leben wachen. Es ist Gottes Gerechtigkeit, daß Er, je länger, je mehr, im Leibesleben (in der Bewegung deiner Hände, in dem Aufschlag deiner Augen, in der Gestaltung deines Mundes) dein Innenleben zum Ausdruck kommen läßt. Der Mensch, der am Sinnlichen und Gemeinen, am Genuß seine Freude hat, wird auch äußerlich als ein sinnlicher Mensch gekennzeichnet durch ganz bestimmte, von Gott geordnete Züge. Den Jähzornigen, den Neidischen, den scharf Urteilenden, den Geizigen, den Kritischen läßt Gott – wer ein wenig mit Seelenkunde sich beschäftigt, wird mir das zugeben – meist auch äußerlich sich ausgestalten. Der erste Eindruck, den wir, die wir mit so vielen Menschen in Berührung zu kommen haben, immer wieder – nicht als maßgebend, aber als sehr bestimmend – annehmen, kommt eben von diesem Umstand her, daß Gott in der äußeren Gestalt die Seele sich abschatten und abbilden heißt. Der erste Eindruck von einem Menschen mit offener Stirne, mit klarem Blick und freiem Auge ist ungleich angenehmer, als der erste Eindruck von einem Menschen, dessen