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diesem Leben, gerade an Pfingsten – konnte er nicht noch einige Tage warten? Nein, der heilige Geist will dich durch dieses Sterbebette berufen und dir in ernster Stunde sagen: Mensch, wenn nun das dein letztes Stündlein wäre, wo bliebe deine Seele? Er wollte dich zur Erkenntnis bringen: „Und wenn ein Mensch die ganze Welt gewönne und müßte Abschied nehmen, was nützte alles seiner Seele!“ (Marc. 8, 36.)

 Er hat mich durchs Evangelium berufen, durch das Evangelium, das man zum Beispiel auch malen kann. Es kann jemand auch in der Pinakothek Pfingsten feiern; dort sieht er ein Gemälde, die Ausgießung des heiligen Geistes darstellend, vielleicht ein Bild von Correggio oder eine hübsche Darstellung aus der Bilderbibel von Schnorr von Carolsfeld, oder sein Blick fällt auf ein Gemälde von Van Dyk und er wird durch das Bild erinnert und gemahnt an das Ewige. So beruft der heilige Geist. Macht Ihm doch Seine Grenzen nicht so enge! Er ist nicht in Kirchenmauern gebannt. Macht Ihm doch Seinen Weg nicht so schmal! Er wählt Sich Seine Wege, wie Er will. Er findet und beruft jeden Menschen in seiner Weise; keiner geht aus diesem Leben, auch kein Heide – das ist meine feste Zuversicht und abweichende Ansicht gegenüber dem modernen Missionsbetrieb –, ohne daß irgendwie der heilige Geist ihn berufen hätte, und wäre es nur durch ein kleines Zettelchen aus einem Neuen Testament, das vielleicht ein reisender Kaufmann ganz unwissentlich und achtlos wegwarf.

 Der heilige Geist beruft mich und meint es gar ernst damit und meint es gar treu. Es ist etwas so Großes, daß ich von meinem armen Leben sagen darf: so oft berufen! Sonntag um Sonntag, Morgen um Morgen, Abend um Abend; wenn die Glockentöne über die Stadt Hinschweben und die Gemeinde, in unsichtbarer Gemeinschaft verbunden, sich sammelt und betet: