Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/105

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wird, und die Schwester doch verlangt wird? Dann sollen Sie hingehen. Halten Sie sich an die wohl erprobten Gebetbücher, an denen unsere Kirche so reich ist, da ihr der Herr eine gelehrte Zunge gegeben, daß sie wüßte, mit den Müden zu rechter Zeit zu reden. Wenn Sie das Amt an den Kranken- und Sterbebetten vermissen, dann halten Sie sich an’s Wort und handeln Sie so, als ob das Amt da wäre. Beten Sie kaum frei, das kann man für sich tun; es mag ja Fälle geben, wo man sein Gebet „wie eine Flamme (von Zezschwitz über Löhe) ausströmen läßt“, aber es ist doch die höchste Wonne, agendarisch zu handeln und mit Gegebenen zu wuchern. Denn die Gemeinschaft mit denen, welche diese Gebete mit Tränen gemacht und fleißig gebraucht und Erhöhung derselben erfahren haben, wie der Gedanke an kommende Generationen, denen dieselben Gebete nutzen sollen, hält aufrecht. Sie bedürfen offener Augen für die Schäden der einzelnen Seele, offener Augen für die Not, welche darin steht, daß sie die einzig rechte Wahrheit, Jesum für unsere Sünde in den Tod gegeben, verlassen hat. Das Andere, was Ihnen not tut, ist der rechte Takt. Sie haben immer mit einer sterbenden Seele zu tun, wenn Sie mit einer irrenden zu tun haben. Und es ist ein weltliches Wort: „Mit Toten geh’ barmherzig um!“ Auf den rechten Takt in der Seelsorge kommt so viel an. Nur nicht drängen, sondern abwarten und Geduld haben mit einer sterbenden, weil im Irrtum lebenden Seele. Der rechte Takt wird dann Ihnen werden, wenn Sie persönlich ganz und voll erfüllt sind von dem Dank für alles das, was Ihnen der Herr durch das Amt geschenkt hat. Wenn man so sieht, wer Gutes am Krankenbette gewirkt hat, dann waren es die einfältigen Seelen. „Selig sind, die geistlich arm sind“, die sich ganz und gar unter das Joch Jesu beugen. Zum Auge der Wahrnehmung, zum richtigen Takt muß sich dann gesellen das richtige Mittel: „Er wird bedecken die Menge der Sünden.“ Der Apostel meint, er wird die Menge der Sünden in das Wort