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sich nicht fürchtet, weil das Amt seines Herrn und das Werk seines Gottes ist. Aber er komme nicht bloß mit dem Gesetze, sondern weise hin auf das Weh, das der Mensch sich selbst bereitet: Israel, du bringst dich selbst ins Unglück, denn dein Heil steht allein bei mir! Die Lindigkeit werde, schreibt derselbe Apostel, der so scharf und schneidend die Sünde straft, allen Menschen kund (Phil. 4, 5), die nachgehende, eingehende Liebe, die auch in Sünden noch das Bild des Königs sucht: Audi, quomodo amatus es amandus, audi, quando amatus es turpis (Röm. 5, 6). Welche Sünder auch dem Seelsorger unterkommen, die ausbrennende Sünde der Sinnlichkeit, die ausdörrende des Geizes, die lähmende der Streitsucht, immer sehe er auf die Gebundenen – (Hebr. 13, 3). Dabei bewahre er, was Vorbedingung der Seelsorge ist, die Kraft gelassen zu bleiben, auch bei persönlichen Angriffen, und die Verschwiegenheit, welche der Ungerechtigkeit sich nicht freut. Man kann niemanden zu Geständnissen zwingen und soll es nicht. Wenn aber aus der Tiefe des Herzens Vergangnes, Begangnes heraufkommt und Sündenabgründe sich erschließen, vor denen du erbebst, dann danke Gott für solche Erfahrungen: dum confessio in ore, sanatur vulnus in corde. Zwischen dem, der den Mut fand zu bekennen, und dir wird, wenn du recht achtest, ein Verhältnis werden, das die Zeit überdauert. Du kannst den nimmer lassen, der in dir den Arzt begehrte und fand. Räume darum die Anstöße aus dem Wege, laß dich Zeit und Mühe und saure Gänge nicht reuen. Seelsorgerliche Gänge bringen für Herz und Amt großen Gewinn.

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