Seite:Hermann von Bezzel - Der Dienst des Pfarrers.pdf/101

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Es ist wohl bekannt, welchen Rumor die auf Harleß zurückgeführten Anweisungen – sie waren nicht von ihm ausgearbeitet – über Kirchenzucht erregten! Und doch waren es nur seelsorgerliche Meinungen und Mahnungen, für welche freilich die Zeit nimmer oder noch nicht geeignet war. Aber es wird besser sein, diese Fragen alle mehr in die Treue und Fürsorge des einzelnen Pfarrers zu legen, der immerhin seine Beratung sich suchen mag, als allgemeine Vorschriften zu geben. Wie gut wäre es, wenn die Einzelbeichte – das Wort Privatbeichte ist aus der rationalistischen Zeit hereingekommen – nicht als lästiger Zwang, sondern als seliges Recht da und dort wieder geübt würde! Sie bringt, ernst gebraucht und geübt, vielen Segen, kann Richtung geben, die feste Schritte tun läßt, heimlichen Bann brechen, kräftige Demütigung schenken, denn es ist demütigend, einen Menschen zum Mitwisser seines Unrechts zu haben. Jedes seelsorgerliche Gespräch aber sei solch eine Beichte, die freilich viel Zeit kostet, aber auch viel Siege bringt!

.

 3. Die Seelsorge bei den Kranken. Soll man unaufgefordert oder erst gerufen zu den Kranken gehen? Auf dem Lande erwarten die Leute den Besuch ihres Pfarrherrn, der es ja am leeren Kirchenplatz sehen soll, daß jemand krank ist, wenigstens fragen müßte, warum er fehlt. Andrerseits herrscht gerade auf dem Lande der Aberglaube, daß der Tod nahe, wenn der Geistliche kommt. In der Stadt gehe man, wo und wenn man gerufen wird, am besten aber und zu den Armen ungerufen. Es wird sohin wohl das Geratenste sein, in gewissen Zwischenräumen von der Kanzel bekanntzugeben,