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unterdrücken, jeder liege, wie er sich bette, und Bettelbrot schmecke eben doch auch gut. Da muß der Geistliche den Mut finden, zu strafen und die Gabe, zu vermitteln und das natürliche Mitgefühl, das leichter zutage kommen kann, zu vertiefen, muß um persönliche Liebestaten werben, da nicht in jeder Dorfgemeinde eine Krankenpflegerin sein kann, durch die Arbeit der Pfarrfrau zum Verständnis für Liebestätigkeit und zur Nacheiferung reizen, vor sauren Gängen nicht zurückschrecken, dem Umessen („Zechet“) steuern und es einrichten, daß die Armen das Essen auf ihrer Stube bekommen, überhaupt nichts für zu gering achten, daß er sich nicht darum kümmerte. Um Gottes willen, dessen Sohn in den Armen zu erscheinen verheißen hat, nicht nur in den sog. „würdigen“. Daß Armut nicht von Forderungen losspreche und nicht Anrecht auf Forderungen gebe, wird den Armen einzuschärfen sein: Not lehrt eben nicht nur beten, sondern auch fordern. Und das Bauernwort meint, Bettelleute haben alle Tage Kirchweih. Er besuche die Armen, die in Anstalten untergebracht sind, schreibe ihnen auch von dem und jenem, was in der Gemeinde vorgeht, und enthalte sich seinesteils der „Armenleiche“, die durch Grab und Sarg und Mangel an Trauernden gezeichnet genug ist.

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 3. Durch die Kirchengemeindeordnung (dies letzte Geschenk des geliebten Regenten Luitpold an sein bayerisches Volk) ist in Bayern dem Vorstand der Kirchenverwaltung neue Arbeit und manche Schreiberei erwachsen, wenn auch das Schreibwerk im Verhältnis zu früheren Jahren wesentlich abgenommen hat, was geschichtlich