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Tagessünde die erbarmende Gnade ab, die nicht nur vergeben, sondern vergessen will. Das macht es, daß nicht fleischlicher Eifer, etwa gar persönliche Gereiztheit und Verletztheit in der Beichtrede das Wort führt, sondern das herzliche Mitleid aus der Erkenntnis des eignen Wesens: noli erubescere, mi frater, profiteri tua peccata, nam nescis utrum non commiserim ego maiora quam tu peccata – und die große Freude an der Sonne, vor der alle Nebel zergehen.

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 e) Die Traurede. Sie scheint mir wenigstens noch schwerer als die Trauerrede. Hier ist doch mit einem abgeschlossenen Leben und über ihm zu handeln, an das weder Forderung noch Erwartung sich wendet, aber dort beginnt ein neuer Pflichtenkreis, der in sich die Möglichkeit trägt, weitere Lebensverhältnisse auszugestalten. Die aber den Bund schließen, wollen auf die ewigen Grundlagen jeder Lebensordnung und auf die Verpflichtung zur Selbsterziehung, zur gegenseitigen Förderung in der Erkenntnis des Einen und Notwendigen hingewiesen werden. Dazu bedarf es eingehenderer Kenntnis der Charaktere, als gemeinhin möglich ist, den Mut, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie verletzen kann, den Verzicht auf den Ruhm einer schönen Rede. Denn der Diener des Wahrhaftigen ist nicht zur Dekoration einer Feier bestellt und bestimmt, die nur durch seine Beiziehung ihre Zugehörigkeit zur Kirche bekundet, sondern zur Schärfung des Gewissens und zur Ermahnung, Treue zu halten. Die Arabesken, welche die Hochzeitsfeier umschlingen, zu winden bleibe andren überlassen. Löblich ist es, wie Kögel z. B. es gerne tat, die Konfirmationssprüche der Brautleute zum