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die Frucht? Wenn du das nicht einsehen willst, dann werde ich dir kommen und meinem Vater das Recht geben: „Haue ihn jetzt ab!“[1] Und du wirst es gar nicht merken, – so ist der Schein eingedrungen. Du sprichst: „Ich habe niemals so sehr Gottesgemeinschaft gehabt,“ während nüchterne Christen dir sagen: du bist ferne von Gott. Mancher Mensch wähnt ja, er sei bei Christo in Gnaden, während jeder Nüchterne sieht, daß derselbe ein ganz unheimliches Leben führt, bei dem niemanden wohl werden kann.  – Wer einsieht: Mir fehlt mehr als alles, der Abschluß, die bestimmte Art, das Klare, das Wahre und daran denkt, wie sein Heiland alles gewesen ist, der soll es noch erleben, daß er kräftig wird und kräftigen kann. Wer es aber nicht einsieht, noch einsehen will und sagt: Scheinleben gibt es bei mir nicht – dem wird der Herr plötzlich kommen wie ein Dieb in der Nacht. (Matth. 24, 43. 44. Luk. 12, 39) und alles wird zerstört werden. Und wenn du aufwachst, dann ist dein Schein, Schaum, Wähnen vorüber und deine Kraft ist dir genommen. Das Scheinleben, wenn ich so sagen darf, ist eine Art geistliche Knochenerweichung. Der Mensch verliert die Energie. Das ist bei dem Christenmenschen das allerschwerste, wenn er keine Knochen mehr hat, wenn er nicht mehr auftreten kann, nicht mehr ganz und voll ist. Noch ist es Zeit, möchte es nicht zu spät bei uns allen sein!

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 Jedenfalls aber soll nicht die ganze Gemeinde vergehen. So wenig es bis zum Ende der Tage eine Christengemeinde geben wird, in der lauter Fromme sind, so wenig wird es auch eine Gemeinde geben, in der lauter Gottlose

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vgl. Lk. 13,7.