Seite:Hermann von Bezzel - Einsegnungsunterricht 1892.pdf/29

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unseren Tagen treten allerlei Fragen heran. Es bangt uns manchmal, mit welch kleinlichen Sorgen Christenmenschen sich abgeben. Es erfüllt uns aber nicht nur Mitleiden, sondern Grausen, weil manche Fragen symptomatisch sind. Man wundert sich, wie edle Kräfte, große Gaben, herrliche Stunden vergeudet werden, wie Kräfte gebunden werden, wo sie los sein sollten, und Kräfte gelöst werden, wo sie gebunden sein sollten. Es tauchen Fragen auf, von denen unser HErr Christus spricht, daß Er für sie überhaupt nicht existiere, Fragen über Konflikte, die nur die Sünde heraufbeschworen. Wohl will ich mich auch manchmal Seines mitleidigen Lächelns getrösten über unsere kleinlichen Fragen, aber es giebt andere Fragen, die bitteres Weh bereiten, für die es kein mitleidiges Lächeln Seinerseits mehr giebt. Es giebt Fragen über Mein und Dein, Kompetenzkonflikte, Grenzfragen, Unzukömmlichkeiten, Unverträglichkeiten, unklare Auffassungen der Berufstätigkeit, alle möglichen Komplikationen. Alles das kommt daher, weil man eigentlich zu viel Zeit hat und zu wenig Zeit, zu viel für Allotria, zu wenig für das, was not thut. Alle solche Fragen sollen wir mit souveräner Verachtung behandeln. Wenn ich einmal des gewiß bin, daß Er eine vorliegende Frage gelöst hat, so will ich dabei beharren und wenn die ganze Welt es als die wahnsinnigste Lösung erkennen würde. St. Paulus hat auch in den Augen der Welt verrückt gehandelt, indem er alles hingegeben und für Kot geachtet hat, auf daß er Christum gewinne. Röm. 8, 38. u. 39: „Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentum, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe GOttes, die in Christo JEsu ist, unserm HErrn. Eine ganze Skala, – aber es ist ihm alles zusammen nichts, auf daß er Christum gewinne. So wollen wir es lernen. Bin ich in Seiner Liebe, dann bekomme ich im Gebet die Freudigkeit zum Kampf. Ich bekomme im bloßen Blick auf Ihn die unmittelbare Gewißheit, ich stehe in Seinem Dienst und Amt. Wir sollen Charaktere werden, Charaktere sein, die sich durch gar nichts scheiden