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reden, handeln, dienen, sondern mit Euch bin Ich. Wenn wir uns diesen Trost recht vorhalten, dann wird uns die Klage über mangelnden Berufseifer und Freudigkeit, über Lauheit verstummen; denn der HErr, der beruft, Der giebt auch die Kräfte. Indem Er uns beruft, ruft Er in Seinem Wort uns zu, und Sein Wort ist Kraft, und davon können wir zehren. In der Kraft des uns berufenden HErrn lassen Sie uns leben, bis es zum Scheiden geht. Den Trost soll uns niemand und nichts rauben: Er ist es, der berufen hat, Er wird aus der Thatsache Seines Berufens die Kräfte ableiten, deren wir bedürfen.

 Der aber ruft, ist nicht bloß ein König der Herrlichkeit, sondern auch ein König der Barmherzigkeit. Wo wir hingestellt werden, da stehen wir, und da lassen Sie uns unseren Posten ausfüllen. ER hat uns berufen, Er wird auch Gedanken des Friedens in uns sich ausgestalten lassen.

 Ein Wort von der Barmherzigkeit. Das ganze Wort weist darauf hin, daß es ein ganz bestimmtes Beanspruchen unseres Herzens ist. Das Herz soll ruhen bei den Armen. Meister Eckhart sagt: „Sammle alle die Armen, Notleidenden, Elenden in deines Herzens Schrein und dann erbarme dich ihrer.“ Das Wesen der Barmherzigkeit ist ein rein individuelles. Man kann stundenlang über die Barmherzigkeit reden und doch unbarmherzig sein. Die Barmherzigkeit muß aus einem bewegten Herzen hervorgehen. „Mich jammert des Volks,“ spricht unser HErr; Sein ganzes Herz hat sich beim Anblick der Menge bewegt. Merke: Sieh den Menschen in der Not und nicht die Not im Menschen! Darin liegt der Tod aller Barmherzigkeit, wenn wir zwischen denen, denen wir Barmherzigkeit erweisen, und uns selber einen Unterschied konstruieren, dann wird die Barmherzigkeit Herablassung, dann haben wir auch unsern Lohn dahin. Nicht Herablassung hat unser HErr Christus gewollt, sondern Er hat Sich uns gleichgestellt. „Ich trage eure Krankheit und nehme auf Mich eure Schmerzen.“ Er hat unser Los mit dem Seinen zusammengestellt. Die absichtslose Barmherzigkeit, wie sie in der inneren Mission