Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/364

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gartenmauer nicht verschlossen war, schlüpfte ich hinaus zu meinem lieben Stein, an dessen Moosen und Kräutern, die die seltsamsten Figuren bildeten, ich mich nicht satt sehen konnte. Oft glaubte ich die Zeichen zu verstehen, und es war mir, als sähe ich allerlei abentheuerliche Geschichten, wie sie die Mutter mir erzählt hatte, darauf abgebildet, mit Erklärungen dazu. Dann mußte ich, den Stein beschauend, wieder ganz unwillkührlich an das schöne Lied denken, welches der Vater beinahe täglich sang, sich auf einem Clavizembal[WS 1] begleitend, und welches mich immer so innig rührte, daß ich, die liebsten Kinderspiele vergessend, mit hellen Thränen in den Augen nur zuhören mochte. Eben bei dem Anhören des Liedes kamen mir dann wieder meine lieben Moose in den Sinn, so, daß Beides mir bald nur Eins schien, und ich es in Gedanken kaum von einander zu trennen vermochte. Zu der Zeit entwickelte sich meine Neigung zur Musik mit jedem Tage stärker, und mein Vater, selbst ein guter Musikus, ließ es sich recht angelegen seyn, mich sorgfältig zu unterrichten. Er glaubte nicht allein einen wackern Spieler, sondern auch wol einen Componisten aus mir zu bilden, weil ich so eifrig darüber her war, auf dem Clavier Melodien und Akkorde zu suchen, die bisweilen viel Ausdruck und Zusammenhang hatten. Aber oft hätte ich bitterlich weinen, ja in verzagter Trostlosigkeit nie

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das Clavicymbalo oder Spinett ist eine kleine Bauart des Cembalo.