Oertlichkeit bei der jedesmaligen Beschreibung eines Auftrittes im Spiel deutlicher werden wird. Und es sei nur noch bemerkt, daß links von der Bühne der Oelberg sich befand.
Was endlich noch die Kleidung betrifft, so war diese ein Gemisch der altjüdischen und der bürgerlichen Tracht des vorigen Jahrhunderts. Bei meinem Aufwachsen hatte der Meßner in einem Kasten unter der Stiege die Reste dieser alten Herrlichkeit aufbewahrt. Gelang es uns Knaben, durch einige Kreuzer oder ein Päckchen Tabak den Meßnerknecht zu bestechen, daß er den Kasten heimlich öffnete, so lagen da Turbane, zweihörnige Priesterkappen, kurze seidene Hosen, Westen, reich bordirt, die mit ihren Schößen bis auf die Beine herabfielen, und ähnliche Dinge.
Wenn bis sieben Uhr die „Actores“, wie die Darsteller sich nannten, beisammen waren, begann die Musik ein Trauerlied zu spielen. Der Decan trat unter die Spielenden und hub ein Gebet an. Man schloß einige Vater Unser und den christlichen Glauben an, dann sprach der Decan: „Im Namen Jesu fanget an“ und die Spielenden traten auf die Bühne.
Zwölf Auftritte wurden an diesem Abend gespielt; dann ging man um zehn Uhr in der Nacht auseinander.
Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)