Also stand der Herr vor der Menge der Juden als ein aussätziger Mensch voll Unsauberkeit.
Und so sah ihn seine heilige Mutter. O was Schmerz hast du erduldet, allermildeste Frau und Mutter, da die ungetreuen Juden den Mörder losbaten und deinen heiligen Sohn an’s Kreuz verlangten, Pilatus sein fürchterliches Urtheil sprach! – und da mochte sie billig mit dem Propheten sprechen: „Wer gibt meinem Haupte Wasser und meinen Augen den Brunnen der Zähren, daß ich blutige Zähren weine über die große Pein und Marter, die heute mein allerliebster Sohn ohne alle Schuld ertragen muß.“
Dieser Jammer der betrübtesten Mutter ward übertäubt von dem fröhlichen Geschrei der Juden, und jeder Schrei, und jeder Blick auf den süßen Heiland durchstoch das Herz der Muttergottes mit dem Schwerte großen Mitleidens.
Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)