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Bey dem Menschen ist es, wie bey allen andern Thieren, wie es frühe gewöhnt wird, so bleibt auch nachher ein gewisser Hang bey ihm. Man muß also verhindern, daß sich das Kind an nichts gewöhne; man muß keine Angewohnheit bey ihm entstehen lassen.

Viele Eltern wollen ihre Kinder an Alles gewöhnen. Dieses taugt aber nicht. Denn die menschliche Natur überhaupt, theils auch die Natur der einzelnen Subjekte, läßt sich nicht an Alles gewöhnen, und es bleiben viele Kinder in der Lehre. So wollen sie z. E., daß die Kinder zu aller Zeit sollen schlafen gehen und aufstehen können, oder daß sie essen sollen, wenn sie es verlangen. Es gehört aber eine besondere Lebensart dazu, wenn man dieses aushalten soll, eine Lebensart, die den Leib roborirt, und das also wieder gut macht, was jenes verdorben hat. Finden wir doch auch in der Natur manches periodische. Die Thiere haben auch ihre bestimmte Zeit zum Schlafen. Der Mensch sollte sich auch an eine gewisse Zeit gewöhnen, damit der Körper nicht in seinen Funktionen gestört werde[1]. Was das andere anbetrifft, daß die Kinder


  1. Diese Gewohnheit hat unfehlbar für den Menschen, als Maschine, ihr großes Gutes, aber wir müssen nicht vergessen, daß zuweilen auch Ausnahmen nöthig sind. Schon in Beziehung auf das physische Leben haben diese ihren Nutzen, wie Hufeland sehr schön dargethan hat, aber gesetzt auch, wir lebten bey strenger Gewohnheit länger: so dürfte dieses längere Leben am Ende doch nur, ein Leben der Ordnung wegen, d. h. ein bloßes Vegetiren zu seyn scheinen.
              A. d. H.
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Immanuel Kant: Über Pädagogik. D. Friedrich Theodor Rink, Königsberg 1803, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immanuel_Kant_%C3%9Cber_P%C3%A4dagogik_K%C3%B6nigsberg_1803.pdf/43&oldid=- (Version vom 1.8.2018)