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Stelle gefunden, die fünf Zentimeter tiefer liegt als der Einschuß. Nur ein Riese von drei Meter Längen hätte dem Ermordeten eine solche Wunde beibringen können! Niemals ein Mann wie Sie, der etwa dieselbe Größe wie Schwechten hat. – Was sagen Sie nun?!“

Ich blieb stumm. In meinem Kopf war nur ein dumpfes Brausen, in meinen Ohren ein Klingen und Singen des jagenden Blutstroms.

Hiller lachte jetzt kurz auf.

„Heute vormitiag habe ich mich wahrhaftig von Ihnen nasführen lassen …! Ich hatte Sie unterschätzt. Sie verstanden sich geradezu genial herauszulügen und immer den Eindruck hervorzurufen, als wären Sie vor Angst keines klaren Gedankens fähig. Und wie gut hat Ihr Hirn dabei gearbeitet … wie gut! Nun hat’s mit dieser Verteidigungsart jedoch ein Ende – ein für allemal. – Soll ich Ihnen erklären, wie ich mir jetzt den Verlauf der Ereignisse am gestrigen Vormittag vorstelle, nachdem Ihre schöne Notwehrtheorie endgültig erledigt ist? – Der Diebstahl war von Ihnen und Schwechten, den Sie genauer gekannt haben müssen, geplant worden, nachdem Sie am Abend vorher beobachtet hatten, daß Ihr Onkel von Rechtsanwalt Müller siebentausend Mark in Banknoten zurückerhielt und diese in die Buchatrappe legte. – Sie sehen, auch das habe ich jetzt herausbekommen. Und für mich steht es fest, daß Sie auf dem zu dem Arbeitszimmer Ihres Onkels gehörigen Balkon standen, als das kleine Geschäft zwischen den beiden Herren geregelt wurde. Dann nahmen Sie die beiden Schlüssel an sich, die ja so handlich an der Korridortür hingen. Das

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)