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Trotzdem fand ich noch, ehe wir uns in dem eichengetäfelten Herrenzimmer an den Spieltisch setzten, Gelegenheit, ein paar bedeutsame Worte mit Marga zu wechseln. Tante Johanna hatte mich gebeten, Marga beim Einschenken der Liköre behilflich zu sein, und bei dieser Veranlassung machte ich absichtlich eine Bemerkung, um mir darüber Gewißheit zu verschaffen, ob der geheimnisvolle Brief wirklich für sie von so schwerwiegender Bedeutung gemacht hatte.

Als ich die neue Flasche Hennessy-Kognak Dreistern entkorkte, sagte ich so nebenbei:

„Wenn mich meine Augen nicht allzusehr getäuscht haben, Cousine, so waren Sie heute vormittag in Moabit in der Turmstraße.“

Die Wirkung dieser Worte war stärker als ich erwartet hatte. Nur durch mein jongleurartig schnelles Zugreifen rettete ich das Tablett mit den hohen Kelchgläsern, das Marga in den Händen hielt, vor einem für die darauf befindlichen Gegenstände verderblichen Fall auf den Parkettfußboden. Jeder Blutstropfen war aus dem Gesicht meiner Verwandten gewichen. Mit entsetzten Augen starrte sie mich an, zunächst unfähig, ein Wort hervorzubringen. Dann schaute sie sich scheu um, ob auch niemand uns belauschte.

„Verraten Sie mich nicht, Fred, ich bitte Sie inständig darum,“ stieß sie jetzt leise hervor. Und – sagen Sie mir die Wahrheit: Sie haben … noch mehr gesehen! Ich merke das an Ihrem Gesichtsausdruck, lese das aus Ihren forschenden Blicken.“

„Seien Sie außer Sorge, Marga,“ beruhigte ich

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)