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Der zweite Hindenburg


In dem Gelände der masurischen Seen, zwischen Bialla und Johannisburg, liegt ein Dörfchen, dessen alte Holzwerkhäuser unter dunkelgrünen Moosdächern, gemischt mit wenigen neuen Häusern, sich um einen alten Gutshof scharen. Ein sorgfältig gepflegtes Gärtchen mit Küchengewächsen und grellfarbigen Blumen umschmiegt jedes Haus, nur eins der neuen Häuser unterscheidet sich von den anderen durch seinen mehr städtischen Eindruck, denn an den Fenstern sind Gardinen kunstvoll aufgesteckt, und an der Seite des Hauses ist eine Veranda angebaut, auf der man an einem gedeckten Tisch gemütlich sitzen und den weiten Ausblick kosten kann, hier auf eine ferne, blaue Seefläche, dort auf einen endlosen Horizont von Kornfeldern. Hier wohnte der Bauer Pawlik, ein Bauer, wie die anderen; der städtische Aufputz seines Hauses rührte daher, daß er eine Tochter der fernen Großstadt Königsberg heimgeführt hatte. Wie es gekommen, daß diese den Bauer mit den schwieligen Händen und dem groben Kittel liebgewann? Sie hatte in Königsberg auch andere Freier gehabt, denn ihr lebhaftes Wesen und ihr hübsches Gesicht mit den klaren, freimütigen Augen hatte mancher gern. Da lernte sie bei einem Turnfestball Hans Pawlik kennen, der als Kürassier in Königsberg seine drei Jahre abdiente. Er war in seiner Kürassieruniform der schmuckste Mann, den sie je gesehen. Wie von Stahl war er: stark und doch so geschmeidig und biegsam und tanzte so leicht, als flöge er über den Boden, dabei lachte aus seinen blauen Augen soviel Herzensgüte und warme Treue, daß man sich bei ihm sicher geborgen fühlte. Als dann Hans sie liebgewann,

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/45&oldid=- (Version vom 1.8.2018)