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die, denen der wilde Kriegssturm das Nest zerstört, zerschlägt, oder für jene, die freiwillig aus der Heimat fliehen und dann wie bange Vögel im Sturm hin und her flattern. Die belgischen, französischen, polnischen, serbischen Frauen wissen vom Krieg ein grausiges Lied zu singen, aber auch unsere Schwestern in Ostpreußen und Oberelsaß. — Nicht minder hart trifft der Krieg die Ansiedler im fremden Land. Sinnlos höhnend tritt er plötzlich an sie heran, raubt ihnen ihr Eigentum, und wie manche Frau hat draußen namenlose Höllenangst in der sie umlodernden Glut fanatischen Völkerhasses erduldet.

Alle diese mögen mit Neid auf die Mehrzahl der deutschen Frauen blicken, die im wohlbeschützten Land dem schrecklichen Unwetter gewissermaßen aus der Ferne zuschauten, aber der Neid ist nicht ganz begründet. Auch aus dem von Kriegsgreueln unberührten Lande tönt ein leises, verhaltenes Schluchzen, es schämt sich vor dem hellen Tage, aber es kündet, daß der Krieg auch hier unzähligen Frauenherzen blutige Wunden geschlagen hat. Die Angst- und Leidenstränen der Mütter, Frauen und Bräute sind ein Opfer am Altar des Vaterlandes, das dem verspritzten Heldenblut der Krieger an innerem Schmerzensgehalt nicht nachsteht. Abgesehen davon, daß die Kriegsbegeisterung beim Mann von den ersten Bleisoldaten an durch das Spiel, dann durch die Schule, im Heer, in Vereinen gepflegt und genährt wurde, findet der Mann im Kriege selbst einen Halt an seinem mutigen Führer, an tapferen Kameraden, und durch wie arge Drangsale auch gerade dieser Krieg mit seinen endlosen Stellungskämpfen alle Streiter führte, die Not selbst erzeugt eine Suggestion, die alle Not und sogar den Selbsterhaltungstrieb überwindet.

Des Lebens Ängste, er wirft sie weg.
Hat nichts mehr zu fürchten, zu sorgen.

Dieser Spruch gilt, wieviel grausamer auch der Krieg im Zeitalter der Naturwissenschaft und Technik, als im Zeitalter Wallensteins sich gestaltet hat, noch immer zu Recht für den Soldaten.

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)