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Seelisch erduldet die liebende Mutter, das treue Weib meist stärkere Leiden, als der Krieger. Im Gegensatz zu diesem ist das Leben der Frau mehr oder weniger abgeschlossen, eingeschnürt von allerlei Fesseln, und wenn sich auf dieses Leben zentnerschwer das Bangen senkt vor einer Schauerwelt, an die der Blick nur von ferne rührt, so ist dies ein fast unerträglicher Druck. Das Herz müht sich, Brücken der Sehnsucht und Liebe in die unbekannte Ferne zu bauen, die Gedanken eilen auf diesen hin und her, aber die Brücken schwanken. Mit Fieberdurst harrt die Frau täglich auf Nachricht, mit Entsetzen liest sie in der Zeitung von immer neuen Schwierigkeiten, mit klopfendem Herzen durchforscht sie die Verlustlisten nach dem einen geliebten Namen, und jeder Tag spannt ihre Kraft auf die Folter der Ungewißheit. — Sie haben ihre Leidensopfer auf dem Altar des Vaterlandes dargebracht, nicht freudig, — das wäre gegen die menschliche Natur, — aber mit dem Bewußtsein einer hohen Pflichterfüllung, oft mit stolzer Begeisterung. Glänzend hat sich ein Wort Bismarcks erfüllt, das er bei einem Besuch von Frauen und Jungfrauen aus Hessen und der Pfalz sprach: „Hat der deutsche Reichsgedanke einmal die Anerkennung der deutschen Weiblichkeit gefunden, dann ist er unzerstörbar. Ich sehe in der Tradition der deutschen Mutter und Frau eine festere Bürgschaft für unsere politische Zukunft, als in irgendeiner Bastion unserer Festungen. Mein Vertrauen auf die Zukunft beruht auf der Stellung, welche die deutsche Frau genommen hat. Die Überzeugung einer Frau entsteht nicht so leicht, sondern langsam, entstand sie aber einmal, so ist sie weniger leicht zu erschüttern.“

Als unsere Frauenwelt plötzlich staunend erkannte, daß die von unserem Altreichskanzler erbaute Burg, in der wir seit 44 Friedensjahren uns einrichten konnten, die uns Sicherheit und steigenden Wohlstand gewährte, Güter, die das Frauenherz als große Wohltaten schätzt, daß dieses Bollwerk von heimtückischen Gewalten umzingelt und bedroht wurde, als unser seit über 25 Jahren als Friedenshort

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)