„Da sitzen sie weich und verlieren sich nicht,“ sprach er bei sich und fuhr auf den Hof zurück.
„Hinrik, mein Sohn, hast du die Nadeln auch nicht vergessen?“ fragte die Mutter.
„Was mir gesagt wird, behalte ich auch,“ antwortete Hinrik, „und damit sie schön weich sitzen und sich nicht verlieren, habe ich sie allesamt ins Heu gesteckt.“
„Ach, Hinrik, mein Sohn,“ rief die Bäuerin, „wenn du etwas mitbringst aus der Stadt, mußt du es in den Busen stecken! Nun frißt das Vieh das Heu und die Stecknadeln mit und erstickt uns wohl gar.“
„Ich werd’s mir merken,“ sprach Hinrik; und er merkte sich’s auch.
Ein paar Tage darauf sagte die Mutter:
„Hinrik, mein Sohn, das Pflugeisen ist stumpf geworden, du mußt in die Stadt und es schärfen lassen.“
Da machte sich Hinrik mit dem Pflugeisen auf den Weg zum Schmied und gab es ihm, daß er es scharf mache. Der that es auch; und als er mit der Arbeit fertig war, legte er es beiseite, damit es sich abkühle; denn es war im Feuer gewesen.
„Zum Warten hab’ ich nicht Zeit,“ sprach Hinrik, bezahlte dem Schmied, was er schuldig war, steckte das heiße Eisen in den Busen und kehrte nach Hause zurück. Das brannte ihm auf der Brust, wie das höllische Feuer.
„Schadet nichts,“ sprach er bei sich, „Mutter hat’s so gesagt,“ und er hielt aus, bis er auf dem Hofe war.
„Hinrik, mein Sohn, was hast du gemacht?“ rief die Bäuerin ängstlich; denn es roch ihr so sengerig, als er das Eisen aus dem Busen zog.
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/101&oldid=- (Version vom 1.8.2018)