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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

brauchen, da sie von der deutschen allzu sehr abweicht. So sind wir denn gezwungen, aus den verschiedenen slawischen Schreibweisen, wie sie jetzt bestehen, dasjenige auszuwählen, was wir nöthig haben, um die slawischen Laute deutsch wiederzugeben. Wir werden also ausdrücken durch:

 cz den Laut, der im Polnischen mit cz, im Böhmischen, Illyrischen und Lausitzisch–Serbischen mit с̄, im Südserbischen und Russischen mit ч bezeichnet und wie ein scharfes „tsch“ ausgesprochen wird. Derselbe wurde von den Deutschen bisher auf die mannigfaltigste Weise ausgedrückt; mit cz, c, z, tsch, auch ts u. dergl. ć den Laut, den dasselbe Zeichen im Polnischen, Illyrischen und Lausitzisch-Serbischen bedeutet, ein t mit einem leisen Zischlaut. ž den sanften Zischlaut des französischen j; dieser Laut hat seit dem Bekanntwerden des Slawischen unter den Deutschen den Schriftstellern stets die meiste Schwierigkeit gemacht; Schlözer, welcher sich zuerst gezwungen sah, ihn irgend wie genauer zu bezeichnen, schrieb in s. Nestor sh, was denn lange Zeit von seinen Nachfolgern beibehalten wurde; weil aber dieses Zeichen dennoch vielen unverständlich und unaussprechlich blieb, andere wieder mit Zuziehung des Englischen es wie ein scharfes sch aussprachen; so wurde dadurch die Genauigkeit wenig befördert. Unterdess schrieb und druckte man in der Regel und viel allgemeiner geradezu sch, ohne es von dem slawischen sch (sz, ) zu unterscheiden. Ganz neu, aber wie uns dünkt noch viel unglücklicher ist das Mittel, welches der geehrte Erman in s. Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland ergriff. Da, wie wir schon früher sagten, das slawische ž ganz den Laut des französischen j (z. B. in jour) hat und die Aussprache dieses in Deutschland als ziemlich allgemein bekannt angenommen werden darf, so liess sich jener tüchtige Gelehrte verleiten, zur Bezeichnung unseres ž–Lautes das französische j zu nehmen. Da wir nun aber doch ein j auch sonst noch haben, so unterschied er dieses von jenem so, dass das j nur dann den ž-Laut bezeichnet, wenn es cursiv gedruckt ist; also z. B. Jukowski, bojaja matj, jajda, noch besser jujj-atj (summen). Alle diese Versuche, einen guten Ausweg zu finden, um den Laut des slawischen ž zu bezeichnen, ohne in die deutsche Sprache einen neuen Buchstaben zu bringen, zeigen deutlich, wie sehr sich das Bedürfniss zeigt, in diese Schwankungen endlich einige Festigkeit zu bringen. Uns genügen die eben angeführten Bezeichnungsarten nicht, wir gestehen es offen, und halten es daher für das Beste, uns an die anzuschliessen, welche in Böhmen bereits seit langen Jahren in Schrift und Druck gäng und gäbe ist, nämlich das slawische ž auch mit einem accentuirten ź zu bezeichnen. Wir wissen kein anderes Mittel, aus dieser Klemme herauszukommen.

 Den Laut des deutschen sch, welcher im Slawischen verschieden ausgedrückt ist: poln. sz, böhm., illyr., lserb. ; russ., serb., bolg. щ, werden auch wir durch sch ausdrücken, ausser wo slaw. Namen und Wörter in ihrer reinen Originalform vorkommen. Die übrigen Buchstaben bleiben wie im Deutschen; nur das grobe ł, ausgesprochen wie l in halb, halten bei den Niedersachsen, muss beibehalten werden, so wie auch die drei Consonanten c, z und s in ihrer slawischen Bedeutung verbleiben; so dass c überall wie das deutsche z, z wie das einfache deutsche s (z. B. Rasen), s endlich wie das deutsche ſſ oder ß auszusprechen sein wird. Es ist diess um so nothwendiger, je mehr Zweideutigkeiten und Verwechselungen durch das substituirte deutsche Lautzeichen bisher schon besonders bei den slawischen Eigennamen entstanden sind. Ueberdiess sieht es auch ziemlich sonderbar aus, wenn am Anfange eines Wortes ein ſſ oder ß steht, wie das unter andern in den Büchern der lutherischen Serben in der Lausitz zu finden; z. B. sserbjo, die Serben; oder Ssacharow (russ. Schriftsteller) u. dergl. Wir wollen hier nicht die Klagen wiederholen, welche von den Slawen so oft schon geführt worden, dass man ihnen in Deutschland nicht ein Mal ihre Namen lassen wolle, sondern sie alle umtaufe und bis zur Unkenntlichkeit verdrehe. Aber sie sind gerecht und es muss ihnen zuletzt doch ein Ende gemacht werden, da es die Natur der Sache selbst erfordert. In der neuesten Zeit, wo auch in Deutschland die slawischen Gegenstände eine immer weitere Besprechung finden, haben

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/16&oldid=- (Version vom 4.8.2020)