Abtritt, und wendete den Juden unten sein Gesäß zu, indem er zu gleicher Zeit ein Geprassel hören ließ, das nur zu sehr zu seiner Haltung passte. 225 Darüber gerieth die ganze Menge in hellen Zorn und forderte unter Schreien und Schimpfen von Cumanus die Züchtigung des Soldaten. Mehrere junge Leute aber, die ihre Aufwallung noch weniger beherrschen konnten, wie auch die schon von Haus aus zum Aufruhr geneigten Elemente im Volke giengen gleich zum offenen Kampfe über, indem sie wüthend nach den Steinen griffen und auf die Soldaten warfen. 226 Da ließ Cumanus aus Besorgnis, es möchte das ganze Volk einen Sturm gegen ihn unternehmen, eine noch größere bewaffnete Macht an Ort und Stelle aufmarschieren. Sobald sich nun dieselbe in die Säulenhallen ergoss, stürmten die Juden, von unwiderstehlichem Entsetzen gepackt, aus dem Tempel und flohen in die Stadt hinab, 227 wobei an den Ausgängen ein so gewaltiges Gedränge entstand, dass über 10.000 Juden, von den eigenen Leuten zertreten oder zerquetscht, ihren Tod fanden, und sich so das Fest für die ganze Nation in Trauer verwandelte, zur Leichenklage für jedes Haus.
228 (2.) Kaum war dieses Unglück vorüber, so entstand schon wieder ein Auflauf und zwar hervorgerufen durch einen räuberischen Ueberfall. In der Nähe von Bethhoron wurde nämlich auf der dortigen Heeresstraße der Tross eines kaiserlichen Dieners, namens Stephanus, von Räubern überfallen und ausgeplündert. 229 Daraufhin schickte Cumanus das Militär in die nächsten Dörfer ringsum und ließ ihre Bewohner gefangen vor seinen Richterstuhl bringen unter der Anklage, die Räuber absichtlich nicht verfolgt und ihnen so zur Rettung verholfen zu haben. Bei diesem Anlass geschah es nun, dass ein Soldat in einem Dorfe das heilige Gesetzbuch fand, es zerriss und ins Feuer schleuderte. 230 Wäre den Juden damit ihr ganzes Land in Flammen aufgegangen, so hätte das Entsetzen bei ihnen nicht größer sein können, und wie aus einer Maschine geschnellt, flogen sie unter dem Druck ihrer religiösen Entrüstung auf die erste Kunde alle insgesammt nach Cäsarea zu Cumanus, um ihn zu bestürmen, dass er einen solchen Frevler gegen Gott und sein Gesetz ja nicht ohne Strafe ausgehen lasse. 231 Da Cumanus recht wohl einsah, dass die Menge nicht eher ruhen werde, als bis sie ein Pflästerchen für diese Beleidigung erhalten hätte, so ließ er den betreffenden Soldaten herbeibringen und mitten durch die Scharen der Unzufriedenen auf die Richtstätte hinausführen. Erst jetzt zogen sich die Juden wieder zurück.
232 (3.) Einige Zeit darauf kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Galiläern und Samaritern. Bei dem Dorfe Gema, das in der großen Ebene liegt, aber noch zu Samaria gehört, wurde ein Galiläer aus
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/175&oldid=- (Version vom 15.2.2020)