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276 (29.) Aber sowenig die Juden ihre Findigkeit, sowenig verloren die Römer trotz des Unfalles ihre Ausdauer: im Gegentheil, obschon sie sehen mussten, wie erbärmlich die Verbrühten zu leiden hatten, giengen sie dennoch selbst dem Feuerregen entgegen, und jeder schalt seinen Vordermann, dass er ihn nicht schnell genug dreinschlagen lasse. 277 Nun suchten die Juden durch eine zweite List die Römer beim Vorstürmen zum Falle zu bringen, indem sie gekochtes Bockshornkraut auf die Bretter hinschütteten, aus denen dann die Römer nothwendig ausrutschen und hinuntergleiten mussten. 278 Niemand konnte sich jetzt mehr aufrecht halten, ob er nun fliehen oder vorwärtsdringen wollte: die einen glitten noch an den Sturmbrücken selbst rücklings hinunter und wurden von den ihrigen zusammengetreten, viele andere stürzten gar auf den Damm hinab und wurden dort von den Juden getroffen, 279 da letztere durch das Niederfallen der Römer die Hände vom Nahkampf frei bekamen und dafür jetzt rastlos Geschoss auf Geschoss versendeten. 280 Nachdem der Sturm den Römern schon viele Opfer gekostet hatte, gab endlich der Feldherr am Abend seinen Soldaten das Zeichen zum Rückzug. 281 Eine gar nicht unbedeutende Zahl von ihnen war geblieben, und noch größer war die Menge ihrer Verwundeten, während bei den Jotapatenern zwar nur sechs Mann getödtet wurden, aber über 300 Verwundete zurückbefördert werden mussten. 282 Der Sturm hatte am 20. des Monates Däsius stattgehabt.

283 (30.) Vespasian dachte zunächst daran, den durch das Misslingen des Sturmes gebeugten Muth des Heeres wieder aufzurichten, aber er sah im Gegentheil, dass die Soldaten nur von Ingrimm glühten und, statt einer Aufmunterung zu bedürfen, nur nach Thaten dürsteten. 284 Er befahl daher, die Belagerungsdämme noch höher zu machen und drei Thürme, jeden in einer Höhe von fünfzig Fuß, herzustellen, die auf allen Seiten mit Eisenplatten gepanzert werden sollten, damit sie infolge ihrer Schwere nicht zu erschüttern und auch für das Feuer unangreifbar wären. Nachdem diese Thürme und zwar gleich auf den Dämmen aufgestellt worden waren, 285 wurden sie nach seiner Anordnung mit Wurfspießschleuderern und Bogenschützen bemannt und sogar mit leichterem Belagerungsgeschütz versehen. Dazu wählte er noch die stärksten Steinschleuderer aus, 286 welche nun im Verein mit den anderen Schützen, gedeckt durch die Höhe und die Brustwehren der Thürme, gegen die vollständig ungedeckten Juden auf der Stadtmauer die Beschießung eröffneten. 287 Da jetzt die Jotapatener den feindlichen Geschossen, die nun gerade auf ihre Köpfe herabfuhren, nicht leicht mehr auszuweichen und sich auch eines Feindes, den man nicht einmal bemerken konnte, nicht mehr zu erwehren vermochten, und überdies noch sehen

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/267&oldid=- (Version vom 19.2.2020)