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sonders wegen des Feldherrn, dem an der Gefangennahme des Josephus sehr viel gelegen war, weil damit das größte Stück Arbeit im Kriege gethan zu sein schien. Zu diesem Zwecke untersuchten sie die Todten, wie auch die verstecktesten Winkel der Stadt. 341 Doch dem Josephus war es noch im letzten Moment, da eben die Stadt genommen war, geglückt, sich mitten durch die Feinde, wie von einer unsichtbaren Hand geleitet, hindurchzustehlen und in eine tiefe Cisterne hinabzuspringen, von der seitwärts eine breite und von oben nicht wahrnehmbare Höhle abzweigte. 342 Hier traf er bereits vierzig vornehme Männer mit einem so bedeutenden Vorrath von Lebensmitteln, dass man damit schon geraume Zeit das Auslangen finden konnte, versteckt an. 343 Während des Tages blieb nun Josephus wegen der Feinde, die alles besetzt hielten, in seinem Schlupfwinkel, aber bei der Nacht kam er herauf, um nach einer Lücke zu spähen, die ihm die Flucht gestattete, und nach den Stellungen der Wachen Umschau zu halten. Da jedoch alles in der Runde gerade seinetwegen scharf bewacht war, so dass er auf der Flucht sicher entdeckt worden wäre, so musste er wieder in die Höhle hinabsteigen. 344 Zwei Tage blieb er so versteckt. Am dritten aber wurde er durch eine Frau, die auch mit in der Höhle gewesen und von den Römern aufgegriffen worden war, verrathen. Auf der Stelle schickte nun Vespasian hocherfreut die Tribunen Paulinus und Gallicanus hin, um dem Josephus Gnade anzubieten und ihn aufzufordern, dass er von selbst heraufkommen möge.

345 (2.) Vor der Cisterne angelangt, sprachen sie auf den Mann ein und gaben ihm ihr Wort, dass ihm nichts geschehen werde. Aber gerade von dem letzteren vermochten sie ihn durchaus nicht zu überzeugen, 346 da Josephus ja einzig und allein aus der Erwägung, was ein Mann mit einer solchen Vergangenheit und Haltung gegen die Römer ganz natürlich zu erwarten hätte, nicht aber aus dem Charakter der sonst ganz humanen Männer, die ihm zuredeten, seine Verdachtsgründe geschöpft hatte. Er hegte daher die Furcht, dass man ihn nur in den Tod locken wolle, bis endlich Vespasian noch einen dritten, den Tribun Nikanor, zu ihm schickte, einen Mann, der mit Josephus schon lange bekannt und befreundet war. 347 Beim Brunnen angekommen, schilderte ihm dieser die natürliche Milde der Römer gegen jene, die sie schon überwunden hätten, und wie Josephus von ihren Anführern wegen seines Heldenmuthes eher bewundert, als gehasst werde. 348 Auch der Oberfeldherr wolle ihn nicht etwa darum herausbekommen, um ihn der Strafe zuzuführen, die er ja auch dann über ihn verhängen könnte, wenn er nicht herausgehen würde, sondern weil er im Gegentheil einen so wackeren Mann durchaus gerettet wissen wolle.

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/273&oldid=- (Version vom 19.2.2020)