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Augen zusammenbrechen sahen. So wurden viele unter den Trümmern verschüttet, vielen anderen, die eben noch abspringen konnten, einzelne Gliedmaßen zerschmettert, die meisten aber vom Staube erstickt. 26 Das war für die Gamalenser ein Zeichen der göttlichen Hilfe, und darum stürmten sie unbekümmert um den eigenen Schaden, den sie sich dadurch bereiteten, desto hitziger auf die Römer los, um sie auf die Dächer hinaufzudrängen, während sie die in den jähen Gassen abgleitenden und niederfallenden Feinde mit einem ununterbrochenen Hagel von Geschossen aus der Höhe bewarfen und tödteten. 27 Der Häuserschutt bot ihnen dabei Steine in Hülle und Fülle, die Leichen der Feinde aber lieferten die Klingen, indem man den gefallenen Römern ihre Schwerter entriss und damit den Schwerverwundeten den Rest gab. 28 Viele stürzten sich in dem Augenblicke, da schon die Dächer einbrechen mussten, freiwillig hinunter und blieben todt. 29 Ja selbst jenen, die sich zurückzogen, wurde die Flucht nicht leicht, da sie, der Wege unkundig und in dichten Staub gehüllt, nicht einmal wussten, wo die eigenen Leute wären, infolgedessen sie ineinander geriethen und einer über den anderen fielen.

30 (5.) Mit knapper Noth fanden so die letzteren den Ausgang und zogen sich aus der Stadt zurück. 31 Was aber Vespasian anbelangt, so hatte derselbe ununterbrochen bei seinen gefährdeten Soldaten ausgehalten – gieng doch ein unsägliches Weh durch seine Seele, als er Zeuge sein musste, wie die Stadt über seinem Heere herunterstürzte! – ja, er war sogar, seiner eigenen Sicherheit ganz vergessend, allmählich, ohne es selbst zu merken, bis gegen den obersten Stadttheil hinaufgedrungen, wo er nun mit einer kleinen Schar ganz verlassen in der höchsten Gefahr schwebte 32 – denn nicht einmal sein Sohn Titus war jetzt an seiner Seite, da er gerade damals eine Sendung an Mucianus nach Syrien übernommen hatte. 33 Den Feinden einfach den Rücken zu kehren, hielt nun Vespasian weder für geheuer, noch seiner würdig: eingedenk vielmehr alles dessen, was er von Jugend auf schon durchgemacht, eingedenk seiner eigenen Kraft, ließ er, wie von einem göttlichen Feuer erfasst, seine Waffengefährten Schulter an Schulter, Rüstung an Rüstung zu einem einzigen Schlachthaufen zusammenschließen 34 und hielt so dem vom Bergesgipfel sich herabwälzenden feindlichen Kriegerstrom unerschütterlich Stand, ohne sich von deren Uebermacht oder ihren zahllosen Geschossen im geringsten einschüchtern zu lassen. Endlich merkten die Feinde selbst, dass sie es mit einem ans Wunderbare grenzenden Heldenmuth zu thun hatten, und ließen in ihrem Ansturm nach. 35 Jetzt erst zog sich Vespasian in dem Grade, als der feindliche Angriff erlahmte, zurück, wobei er immer rücklings gieng

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/300&oldid=- (Version vom 1.8.2018)