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200 Beherrscht von diesen Gefühlen, stürzte man gegeneinander. Zuerst begann man in der Stadt und vor dem Tempel sich gegenseitig mit Steinen zu bewerfen und mit Wurfspießen zu plänkeln. Wich ein Theil, so griff der Sieger auch zum Schwerte; es gab ein grässlich Morden beiderseits und zahlreiche Verwundungen. 201 Die Leute aus dem Volke wurden von ihren Angehörigen in ihre Häuser getragen: die verwundeten Zeloten kamen in den Tempel hinauf, wo ihr Blut den heiligen Boden bedeckte, oder, was wohl allein richtig gesagt ist, das Heiligthum befleckte. 202 Bei den Zusammenstößen waren immer die ausfallenden Räuber im Vortheile: aber die Volkspartei wurde dadurch nur noch erbitterter und zog immermehr Kämpfer an sich: man schimpfte auf jene, die zurückwichen, und die von hinten nachdrängenden Angreifer machten den Fliehenden bald keinen Platz mehr, so dass schließlich das Volk in seiner ganzen Masse auf den Feind drückte. 203 Letzterer konnte dem Anprall nicht länger widerstehen und zog sich allmählich in den Tempel zurück, wobei aber nun auch die Leute des Ananus mit ihm eindrangen. 204 Als sich das Gesindel von der ersten Mauer abgedrängt sah, ward es von einem panischen Schrecken ergriffen und flüchtete in den inneren Tempelraum, dessen Thore es schleunig zuschlug. 205 Ananus wollte vorderhand noch nicht den Angriff auf die Thore des Heiligthums eröffnen, zumal auch die Räuber von der Höhe aus einen Hagel von Geschossen unterhielten. Er hätte es selbst im Falle des Gelingens für unrecht gehalten, das Volk ohne vorgängige Reinigung in den Tempel hineinzuführen. 206 Er ließ vielmehr aus der ganzen Menge bei 6000 Bewaffnete auslosen und postierte sie als Wachen auf die Hallen, 207 die dann wieder von anderen abgelöst wurden. Jeder musste, wenn die Reihe an ihn kam, persönlich zur Wache erscheinen: dagegen wurden viele Rangpersonen von den obersten Behörden vom Wachdienst losgezählt, unter der Bedingung, dass sie ärmere Leute gegen Entgelt für sich aufnahmen und auf die Wache schickten.

208 (13.) Alle diese Leute miteinander sollte aber eben jener Johannes ins Verderben stürzen, von dessen Flucht aus Gischala wir früher erzählt haben. Ein äußerst verschlagener und von glühender Herrschsucht beseelter Mann, hatte er es schon von langer Hand auf das Staatsruder abgesehen. 209 Damals musste er natürlich den Volksfreund spielen und befand sich immer in der Gesellschaft des Ananus bei Tag sowohl, wo derselbe mit den Häuptern Berathungen pflog, als auch bei der Nacht, wenn er die Wachen abgieng; er setzte aber regelmäßig die Zeloten von den geheimsten Abmachungen in Kenntnis, und alle Pläne des Volkes waren selbst, ehe sie noch reiflich erwogen waren,

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/319&oldid=- (Version vom 1.8.2018)